Forschung Wie entstehen die stärksten Magnete des Universums?

Pressemitteilung Nr. 103/2019
9. Oktober 2019
Sperrfrist: Mittwoch, 9. Oktober 2019, 19 Uhr (MESZ)

Deutsch-britisches Forscherteam simuliert Grundlagen für die Bildung von Magnetsternen

Wie kommt es, dass manche Neutronensterne zu den stärksten Magneten im Universum werden? Eine mögliche Antwort auf die Frage nach der Entstehung dieser sogenannten Magnetare hat ein deutsch-britisches Team von Astrophysikern gefunden. Die Forscher konnten mit umfangreichen Computersimulationen nachvollziehen, wie sich bei der Verschmelzung von zwei Sternen starke Magnetfelder bilden. Explodieren solche Sterne in einer Supernova, könnten daraus Magnetare entstehen. An den Forschungsarbeiten waren Wissenschaftler der Universität Heidelberg, der Max-Planck-Gesellschaft, des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien und der University of Oxford beteiligt. Die Ergebnisse wurden in „Nature“ veröffentlicht.

Entstehung eines Magnetsterns

Unser Universum ist von Magnetfeldern durchzogen. So hat beispielsweise die Sonne eine Hülle, in der konvektive Ströme ununterbrochen magnetische Felder erzeugen. „Obwohl massereiche Sterne keine solche Hülle besitzen, beobachten wir trotzdem bei rund zehn Prozent von ihnen an der Oberfläche ein starkes, großskaliges Magnetfeld“, sagt Dr. Fabian Schneider vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, der Erstautor der „Nature“-Veröffentlichung ist. Derartige Felder wurden bereits 1947 entdeckt, ohne dass ihr Ursprung bislang vollständig geklärt werden konnte.

Schon vor über einem Jahrzehnt vermuteten Wissenschaftler, dass starke Magnetfelder erzeugt werden, wenn zwei Sterne verschmelzen. „Bis jetzt waren wir jedoch nicht in der Lage, diese Hypothese zu testen, weil es uns an den dafür nötigen Computertools fehlte“, sagt Dr. Sebastian Ohlmann vom Rechenzentrum der Max-Planck-Gesellschaft in Garching bei München. Nun nutzten die Forscher den AREPO-Code, einen hochdynamischen Simulationscode auf den Computerclustern des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS), um die Eigenschaften von Tau Scorpii (τ Sco) zu erklären. Dabei handelt es sich um einen magnetischen Stern, der sich 500 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet.

Bereits 2016 haben Fabian Schneider und Philipp Podsiadlowski von der University of Oxford herausgefunden, dass es sich bei τ Sco um einen sogenannten Blauen Nachzügler handelt. Diese Blue Stragglers sind das Ergebnis verschmolzener Sterne. „Wir gehen davon aus, dass Tau Scorpii sein starkes Magnetfeld beim Verschmelzungsprozess erhalten hat“, erklärt Prof. Dr. Philipp Podsiadlowski. Dass sich ein solches Feld durch starke Turbulenzen bei der Verschmelzung von zwei Sternen bilden kann, hat das deutsch-britische Forscherteam mit seinen Computersimulationen zu τ Sco nun gezeigt.

Sternverschmelzungen kommen relativ häufig vor: Wissenschaftler nehmen an, dass ungefähr zehn Prozent aller massereichen Sterne in der Milchstraße das Produkt eines solchen Prozesses sind. Dies wiederum würde sehr gut zu der Häufigkeit passen, mit der magnetische massereiche Sterne beobachtet werden, wie Dr. Schneider betont. Astronomen gehen davon aus, dass genau diese Sterne bei Explosionen in Supernovae Magnetare bilden könnten.

Dies dürfte auch bei τ Sco passieren, wenn der magnetische Stern am Ende seines Lebens explodiert. Die Computersimulationen lassen vermuten, dass das sich dabei bildende Magnetfeld ausreichend wäre, um die außergewöhnlich starken magnetischen Felder von Magnetaren zu erklären. „Magnetare besitzen vermutlich die stärksten Magnetfelder im gesamten Universum – bis zu einhundert Millionen Mal stärker als das stärkste Magnetfeld, das jemals von Menschen erzeugt wurde“, sagt Prof. Dr. Friedrich Röpke vom HITS.

Die Forschungsarbeiten wurden vom Oxford Hintze Centre for Astrophysical Surveys und der Klaus Tschira Stiftung (Heidelberg) gefördert.

Originalpublikation

F.R.N. Schneider, S.T. Ohlmann, P. Podsiadlowski, F.K. Röpke, S.A. Balbus, R. Pakmor, V. Springel: Stellar mergers as the origin of magnetic massive stars. Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1621-5