Dennis Hebbelmann Eine Frage der Menschlichkeit
Dennis Hebbelmann, Doktorand am Psychologischen Institut, engagiert sich im Asylarbeitskreis Heidelberg
»Innerdeutsche Grenzen: Wie Asylsuchende Fremde bleiben« – unter diesem Titel berichtete Dennis Hebbelmann im vergangenen Jahr beim »Heidelberger Symposium« über die soziale Ausgrenzung von Flüchtlingen. Sein Vortrag bei der Veranstaltung des Heidelberger Clubs für Wirtschaft und Kultur fußte auf den Schilderungen von Migranten, die er über seine Tätigkeit beim Asylarbeitskreis Heidelberg kennengelernt hatte – ein Engagement, das ihn auch persönlich verändert hat.
Als Dennis Hebbelmann vor zweieinhalb Jahren für seine Promotion nach Heidelberg zog, wollte er das ehrenamtliche Engagement nicht abreißen lassen. »Während meines Studiums in Hamburg war ich in der Hochschulpolitik und zuvor in der Kinderbetreuung aktiv, mit der Einwanderungsproblematik hatte ich bis dahin nicht viel zu tun.« Von einer damaligen Mitbewohnerin bekam er den Tipp, dass der Asylarbeitskreis Heidelberg nach Nachhilfe-Lehrern suche, die Flüchtlinge in der Schule unterstützen. Ein Engagement mit ein bis zwei Stunden pro Woche erschien dem 29-Jährigen gut mit seiner neuen Stelle am Psychologischen Institut der Ruperto Carola vereinbar. »So bin ich da reingerutscht.«
Die Schicksale der einzelnen Menschen, die er über den Asylarbeitskreis kennengelernt hat, bewegen Dennis Hebbelmann sehr – insbesondere die der jungen Migranten aus den verschiedenen Krisenregionen der Welt. Zusätzlich zur Nachhilfe betreute er bis Anfang dieses Jahres einmal wöchentlich eine Kindergruppe und begleitet Ausflüge, die der Arbeitskreis in den Sommerferien für Schulkinder anbietet: »Mit unserem Angebot wollen wir den Kindern ein Stück ihrer Unbeschwertheit, ein Stück Normalität zurückgeben. Viele von ihnen haben eine strapaziöse Reise voller Entbehrungen hinter sich, waren und sind großen Belastungen ausgesetzt.« Jede Woche habe er beobachten können, wie sich die Flüchtlinge mehr und mehr öffneten und aus sich herausgingen. Woran Dennis Hebbelmann sich dabei jedoch nicht gewöhnen konnte, war die Erfahrung des ständigen Wechsels: »Kinder, mit denen ich in der einen Woche noch gemeinsam gespielt habe, waren in der nächsten Woche plötzlich nicht mehr da – innerhalb Deutschlands umgesiedelt oder eben abgeschoben. Das hat mich jedes Mal aufs Neue mitgenommen.«
Ein ›Das geht mich nichts an!‹ oder ›Daran kann ich doch sowieso nichts ändern!‹ erlaube ich mir nicht mehr
Dennis Hebbelmann
Dennis Hebbelmann promoviert im Arbeitsbereich Sozialpsychologie an der Universität Heidelberg. In seiner Doktorarbeit befasst er sich mit dem »Kausalen Lernen«. Unter anderem geht er dabei der Frage nach, wie und in welchem Ausmaß Vorannahmen und Theorien, die wir über die Welt haben, unsere Wahrnehmung der Welt und damit auch unser Lernen beeinflussen – ein Thema, das sich auch mit seinem privaten Engagement gut verknüpfen lässt. Seit vergangenem Jahr hält er immer wieder Vorträge in Mittelstufen-Klassen, um über das Thema Flüchtlinge zu informieren. Ein Anliegen des Doktoranden ist es, den Schülern ihre Vorannahmen und festgefahrenen Vorurteile bewusst zu machen und so dazu beizutragen, diese abzubauen. »Auch wenn die generelle Einstellung den Flüchtlingen gegenüber positiv sein mag, ist es keineswegs so, dass wir nur zu Bekehrten predigen. Beispielsweise höre ich immer wieder die Befürchtung, dass viele Einwanderer unser Sozialsystem ausnutzen und hohe Kosten verursachen würden.« Zwar gäbe es Fakten, mit denen sich diese Bedenken entkräften ließen – »allerdings ist das eine Ebene, auf der ich eigentlich nicht argumentieren möchte«, so Dennis Hebbelmann. »Ob wir den Flüchtlingen helfen oder nicht, ist für mich ganz grundlegend eine Frage der Menschlichkeit. Das Recht auf Asyl ist eines der ältesten Menschenrechte, dieses Recht zu gewähren sollte selbstverständlich sein.«
Ihn selbst habe sein Engagement im Asylarbeitskreis für die Belange gesellschaftlich ausgegrenzter Gruppen sensibilisiert, erzählt Dennis Hebbelmann. Dazu gehörten beispielsweise auch arme, alte und einsame Menschen. »Mich schockiert, wie leichtfertig viele von uns den Betroffenen Hilfe verweigern und wie scheinheilig oft die Argumente sind, mit denen wir mangelndes Mitgefühl rechtfertigen.« Seine persönliche Konsequenz aus dieser Feststellung sei, die eigenen Voreinstellungen noch stärker zu hinterfragen und nicht wegzugucken. »Ein ›Das geht mich nichts an!‹ oder ›Daran kann ich doch sowieso nichts ändern!‹ erlaube ich mir nicht mehr.«
Dieser Artikel ist in der UNISPIEGEL 3/2015 (Seite 10) erschienen.
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