Ruperto Carola Ringvorlesung Die sozialen Medien und die (Un-)Freiheit

Thema des Gesprächs ist den Ausbau der sozialen Netzwerke im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte, ihre jüngste Erweiterung um eine kommunikative künstliche Intelligenz und wie beides weltweit zur Ausprägung verschiedener Freiheiten und Unfreiheiten beigetragen hat. Anhand dreier Beispiele – verschlüsselte Nachrichtenübermittlung in Indien, digitale Einflussnahme in Brasilien und der gegen Migranten gerichtete Onlinediskurs in Deutschland – sprechen wir über technologische Affordanz, Kommerz und Ideologie als Vektoren einer Entwicklung, die einerseits neue Freiheiten, das Unsagbare auszusprechen, fördert und andererseits neue Unfreiheiten schafft, um Widerspruch zu säen und Ängste zu schüren. Ich werde argumentieren, dass es sich hierbei nicht um eine jähe, allein durch die digitale Kommunikation hervorgerufene Krise handelt, sondern um ein globales Phänomen, das durch Überreste kolonialen Denkens und neuartige Organisationsformen der politischen Arbeit befördert wird. Zum Ende des Gesprächs betrachten wir den zunehmenden Einfluss des Digitalen auf akademische Kulturen und was es bedeutet, inmitten zementierter Hierarchien, liberaler Frömmeleien und Vorstellungen von Privilegierung nach Solidarität zu suchen.