Andreas Fath Wasser als Passion

Chemie-Professor Andreas Fath macht mit spektakulären Schwimmaktionen auf Gewässerschutz aufmerksam

Andreas Fath (Heidelberger Profile)

Wenn es um Wasser geht, ist Andreas Fath in seinem Element, denn im Leben des Chemie-Professors gibt es zwei große Passionen: Langstreckenschwimmen und Gewässerschutz. Was liegt da näher, als beides miteinander zu verbinden? Das dachte sich der Professor der Hochschule Furtwangen, als er mehrere Absagen für Forschungsanträge und damit auch für ein dringend benötigtes Analysegerät bekam. Also überlegte er sich, ein „unkonventionelles Fundraising-Projekt aus dem Bereich Scientainment“ ins Leben zu rufen. Unterstützt von Sponsoren schwamm er im Sommer 2014 insgesamt 1.231 Kilometer weit den Rhein von der Quelle bis zur Mündung hinab, nahm dabei täglich Wasserproben und ließ diese analysieren. Sein Ziel neben dem Spendensammeln: Bei der Bevölkerung das Bewusstsein für einen sorgsameren Umgang mit Wasser zu wecken. Das klappte so gut, dass der „verrückte Professor“, wie ihn die Medien nannten, im Sommer 2017 auch noch den Tennessee River in den USA durchschwamm.

Andreas Faths Schwimmleidenschaft wurde bereits im zarten Alter von vier Jahren geweckt: „Ich habe das Schwimmen auf die ganz harte Methode gelernt: Mein Vater hat mich einfach vom Hausboot aus in den Speyerer Altrhein geworfen. Er hat mir gesagt, dass ich jetzt schwimmen soll und ist nebenhergelaufen – und das hat irgendwie funktioniert“, erinnert er sich. So merkte er, dass er sich im Wasser sehr wohl fühlt, und begann mit acht Jahren, im Verein zu schwimmen. „Und wenn ich etwas angefangen habe, dann möchte ich in dem Bereich auch ganz nach vorne kommen – deswegen bin ich, sobald ich den Führerschein hatte, nach Heidelberg zum SV Nikar gewechselt.“

Da lag es nahe, auch an der Ruperto Carola zu studieren. 1986 begann Andreas Fath mit dem Chemie-Studium, 1996 wurde er promoviert. Während seines Studiums kam er mit seiner heutigen Frau zusammen, mit der er die Schwimmleidenschaft teilt, die beide später auch an ihre drei Söhne weitergaben. Irgendwann begannen diese Söhne mit Freiwasserschwimmen, also Schwimmwettkämpfen in Flüssen, Seen und Meer ab einer Länge von zwei Kilometern, was dann auch ihr Vater ausprobierte – gleich beim ersten Wettbewerb mit Erfolg. Der nächste Schritt war eine Teilnahme am Staffelschwimmen durch den Zürichsee, bei dem drei Schwimmer abwechselnd jeweils eine Stunde schwimmen und so zusammen 26,4 Kilometer bewältigen. Ein Jahr später schwamm Andreas Fath die gesamte Strecke alleine – in Rekordzeit. „Langstreckenschwimmen scheint einfach mein Metier zu sein“, meint er.

Andreas Fath (mit Martin Knoll und Nicola Fath)

Genau wie die Chemie – und hier vor allem das Thema Gewässerschutz. Nach verschiedenen Stationen in Forschung und Industrie ist Andreas Fath seit 2011 Professor an der Hochschule Furtwangen und arbeitet dort vor allem zum Thema Wasseruntersuchung und Abwassertechnik. Für seine Arbeit benötigte er dringend ein hochauflösendes Massenspektrometer – und so wurde wegen der abgelehnten Forschungsanträge die Idee geboren, mit dem Rheinschwimmen Spendengelder zu sammeln. Die spektakuläre Aktion, die von zahlreichen Medien begleitet wurde, war nicht nur insofern erfolgreich, als Faths Abteilung neben dem Massenspektrometer sogar noch ein Infrarotmikroskop zur Untersuchung von Mikroplastik anschaffen konnte. Der Wissenschaftler konnte auch viele Menschen auf sein Herzensthema Gewässerschutz aufmerksam machen: „Ich habe unterwegs viel Zuspruch bekommen, und je weiter ich kam, desto mehr Menschen standen an den Ankunftsstellen, mit denen ich ins Gespräch kam. Auch viele Bürgermeister, die ihre Kläranlagen mit einer vierten Behandlungsstufe optimieren möchten, um die Spurenstoffe, die wir im Rhein nachgewiesen haben, weiter zurückdrängen zu können.“

Der Rhein ist zwar nicht mehr auf der Intensivstation, aber er ist immer noch Patient.

Andreas Fath

Denn das Ergebnis der Schwimmreise mit täglichen Wasseranalysen fasst Andreas Fath folgendermaßen zusammen: „Der Rhein ist zwar nicht mehr auf der Intensivstation, aber er ist immer noch Patient. Denn wir haben die bis zum Jahr 2015 umzusetzenden Vorgaben der EU-Gewässerschutzrichtlinie nicht geschafft.“ Während seiner Tour nahm Fath über ein an seinem Neoprenanzug angebrachtes Mikrofasergeflecht täglich Wasserproben. Einen Teil der Messungen wertete sein vor allem aus Studierenden bestehendes Begleitteam direkt vor Ort aus, die umfangreicheren Untersuchungen führten Labore seiner Hochschule und Projektpartner durch. Analysiert wurde unter anderem auf Mikroplastik, Bakterien, Algen, Arzneimittel, Nitrat oder Phosphat. Das klare Wasser der Graubündner Alpen am Start der Schwimmtour diente dabei als Vergleichswert, der zeigte, dass flussabwärts immer mehr synthetische organische Substanzen nachweisbar waren – am Ende 128 verschiedene Verbindungen. Bedenklich findet Andreas Fath dabei vor allem die Zunahme von Mikroplastik-Partikeln und Rückständen von Medikamenten und Drogen, deren Auswirkungen auf die Umwelt ungeklärt sind.

Zu der Schwimmaktion erstellten Faths Studierende auch eine Internetseite, auf der sie mehr als 45.000 Zugriffe aus 88 Ländern zählten. Darunter war auch Prof. Dr. Martin Knoll, ein US-amerikanischer Hydrologe, der seit seiner Jugend regelmäßig Heidelberg besucht, ebenfalls ein Alumnus der Ruperto Carola ist und von dem Projekt begeistert war. Er nahm Kontakt zu Fath auf, die beiden freundeten sich an, und da Martin Knoll selbst schon die Wasserqualität des Tennessee River untersucht hatte, entstand die Idee, auch dort eine spektakuläre Schwimm-Analyse-Aktion durchzuführen – was Andras Fath vom 27. Juli bis 29. August 2017 in die Tat umsetzte, wiederum mit einer Kunststoffmembran am Körper, die alle im Wasser gelösten Stoffe aufnahm. Zudem nahm sein Team ebenfalls wieder täglich Wasserproben, so dass nach Abschluss der Schwimmaktion auch die Wasserqualität des Tennessee River untersucht werden konnte. Mit einer Länge von 1.049 Kilometern ist der Fluss zwar etwas kürzer als der Rhein, wegen seiner deutlich geringeren Fließgeschwindigkeit war die Schwimmstrecke aber noch einmal schwieriger. „Gewitter, viel Gegenwind und Wellen haben das Schwimmen zwar anstrengend gemacht – aber auch diesmal habe ich viel Zuspruch vom Ufer aus bekommen. Außerdem haben sowohl meine drei Söhne als auch meine Frau Nicola mich abwechselnd im Fluss begleitet. Eine rundum gelungene Aktion!“, bilanziert der „verrückte Professor“.

(Erscheinungsjahr 2017)