6. Internationalisierung
Eine neue Dimension der Internationalisierung wurde durch den Export von Lehrangeboten
der Universität Heidelberg ins Ausland eröffnet. Nach den überaus positiven
Erfahrungen mit der „Schule des Deutschen Rechts“, die in einer Zusammenarbeit der
Universität Heidelberg mit der Universität Mainz und der Jagiellonen-Universität in
Krakau etabliert ist, wurden weitere Aktivitäten in diesem Bereich in Ungarn, Chile und
Vietnam in Angriff genommen.
Bundespräsident Rau bei der Eröffnungsfeier
der Andrássy-Universität Budapest
Im September 2002 nahm die „Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität Budapest“
(AUB) ihren Lehrbetrieb auf. Es handelt sich bei der Andrássy-Universität um eine ungarische
Einrichtung, deren Aufbau von den deutschen Bundesländern Bayern und Baden-
Württemberg sowie von Österreich unterstützt wird. Sie wendet sich an Graduierte aus
Ungarn, anderen mittelosteuropäischen Ländern sowie dem deutschsprachigen Raum
und bietet drei Aufbaustudiengänge an: Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaft,
Internationale Beziehungen und Mitteleuropastudien. Im Rahmen der internationalen
Partnerschaft hat die Universität Heidelberg für das Land Baden-Württemberg die
Federführung für die Einrichtung und Durchführung des Studiengangs Vergleichende
Staats- und Rechtswissenschaft übernommen. Die Universität erhält zu diesem Zweck
für fünf Jahre Mittel von der Landesstiftung Baden-Württemberg und hat für den Aufbau
des Lehrbetriebs zwei hoch qualifizierte Hochschullehrer nach Budapest entsandt.
Darüber hinaus verwaltet die Universität Heidelberg Stipendienmittel der Landesstiftung.
Diese Stipendien dienen der Förderung von Absolventen baden-württembergischer
Universitäten, die ein Studium an der Andrássy-Universität absolvieren, sowie der
Finanzierung von kurzfristigen Studien- und Forschungsaufenthalten mittelosteuropäischer
Studierender der Andrássy-Universität an baden-württembergischen Hochschulen.
Im Zentrum des Studiengangs Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaft steht das
Recht der europäischen Integration. Die Ausrichtung auf den Bestand des Gemeinschaftsrechts
und auf aktuelle Rechtsetzungsprojekte wird mit der Berücksichtigung des
Rechtsvergleichs – unter Einbeziehung der Beitrittskandidaten zur EU – ergänzt. Der
Studiengang soll damit einen wichtigen Beitrag zu den notwendigen Transformationen
im Hinblick auf die europäische Einigung leisten.
Die besondere Bedeutung der Gründung der Andrássy-Universität unterstrich Bundespräsident
Rau bei der Eröffnungsfeier am 29. November 2002, zu der der ungarische
Staatspräsident Professor Dr. Ferenc Mádl, Ehrendoktor der Heidelberger Juristenfakultät,
geladen hatte: „Wir beginnen heute ein faszinierendes, ein bisher einmaliges Projekt:
Die erste deutschsprachige Universität, die nach dem Kriege außerhalb des deutschsprachigen
Raumes eröffnet wird.“
Ein weiteres bisher einzigartiges Projekt stellt der Aufbau eines Postgraduiertenzentrums
einer deutschen Universität in Lateinamerika dar. Der Besuch von Ministerpräsident Teufel
im „Heidelberg Center Lateinamerika – Postgraduierten- und Weiterbildungszentrum
der Universität Heidelberg“ in Santiago de Chile am 13. März 2003 aus Anlass der Lateinamerikareise einer baden-württembergischen Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation
belegt das positive Echo der Landespolitik, welches die Positionierung der ältesten deutschen
Universität auf dem lateinamerikanischen Bildungsmarkt begleitet.
Der Lehrbetrieb des Heidelberg Center Lateinamerika wurde im März 2002 aufgenommen.
Das Angebot umfasste neben einem Masterstudiengang in European Political
Studies sechs Weiterbildungsseminare von bis zu vierzehntägiger Dauer.
Der Masterstudiengang European Political Studies wurde eigens für den lateinamerikanischen
Markt entwickelt und in einer ein- und zweijährigen Version für Voll- und Teilzeitstudierende
angeboten. Bei einer Studiengebühr von USD 6.000,- für die Ausbildung
haben sich 21 Studierende im Masterstudiengang eingeschrieben. Hinzu kommen fünf
Teilnehmer des „Postitulo“, eines aus acht Seminaren bestehenden verkürzten Lehrprogramms.
Der Lehrkörper bestand aus neun für jeweils zwei Wochen aus Deutschland
„eingeflogenen“ Professoren sowie aus drei chilenischen Professoren der chilenischen
Partneruniversitäten, die ihre wissenschaftliche Ausbildung in Heidelberg genossen
haben. Die Zahl von 26 Studierenden wird in chilenischen Fachkreisen als großer
Anfangserfolg bewertet. Die Studierenden der einjährigen Programmversion befanden
sich seit Januar 2003 in Heidelberg, um Ihre Masterarbeit abzuschließen und die mündlichen
Prüfungen abzulegen. Die Überreichung der Masterurkunden erfolgte am
28. Februar 2003 in Anwesenheit des Prorektors für Internationale Beziehungen.
In Vorbereitung ist ein Masterstudiengang in „International Law“, der gemeinsam von
dem Max-Planck-Institut für Ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht, der
Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg und dem Institut für Internationale
Studien der Universidad de Chile entwickelt wird.
Die vom Heidelberg Center zum Teil in Kooperation mit den Partneruniversitäten durchgeführten
Weiterbildungsseminare richteten sich an Experten in den Bereichen Medizinische
Informatik, Neonatologie, systemische Therapie und Beratung sowie Verteidigungspolitik
und Sicherheit in Europa. Die Gesamtteilnehmerzahl lag bei nahezu 200 Personen. Die
Seminare trugen entscheidend dazu bei, das Heidelberg Center in kurzer Zeit als Anbieter
von exzellenten Weiterbildungsangeboten auf dem Zielmarkt zu etablieren.
Ministerpräsident Teufel und Rektor Hommelhoff vor dem „Heidelberg Center Lateinamerika – Postgraduierten- und Weiterbildungszentrum der Universität Heidelberg“ in Santiago de Chile
Die Finanzierung des Heidelberg Center Lateinamerika erfolgt aus Einnahmen in Form
von Studiengebühren und durch eine Anschubfinanzierung, die vom Ministerium für
Wissenschaft Forschung und Kunst Baden Württemberg, der Universität Heidelberg und
dem DAAD getragen wird. Die Universität Heidelberg wird darauf hinwirken, das Heidelberg
Center künftig auch finanziell auf eigene Füße zu stellen.
Die Universität Heidelberg hat sich auch in Asien die durch den Export eines hochwertigen
Studienangebots profilieren können. In Zusammenarbeit mit dem vietnamesischen
Gesundheitsministerium und der National Economics University in Hanoi wurde ab März
2002 ein Master-Programm in „Health Economics“ durchgeführt, das von der Weltbank
finanziert wird und der Weiterbildung von Personen dient, die im öffentlichen Gesundheitswesen
tätig sind. Die Absolventen des Master-Programms erhielten am 17. März 2003
in Hanoi vom Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg ihre Urkunden überreicht.
Das Angebot an international ausgerichteten Studiengängen ist mit den neuen Master-
Studiengängen „American Studies“ und „Theological Research“ weiter ergänzt worden,
deren Einrichtung von den Gremien der Universität beschlossen wurde.