6. Neue Approbationsordnung und Weiterentwicklung der medizinischen Lehre
Im April 2002 wurde die neue Approbationsordnung für Ärzte (AO) verabschiedet. Sie
wird zum WS 2003/04 in Kraft treten. Mit der neuen AO wird eine Verbesserung der
Ausbildungsqualität durch eine engere Verzahnung von theoretischen und praktischen
Ausbildungsinhalten, den frühzeitigen Einsatz von patientenbezogenem, problemorientiertem
Lernen sowie eine Verringerung der Gruppengrößen beim Unterricht am Krankenbett
angestrebt. Wesentlicher Reformschritt der neuen AO ist eine Neugliederung des
Prüfungswesens mit Reduzierung der Zahl der staatlichen Prüfungen, einer stärkeren
Gewichtung der mündlich-praktischen Prüfungen und einer Reduzierung der schriftlichen
multiple-choice-Prüfungen. Im klinischen Bereich tritt an die Stelle der bisherigen
isolierten Fächerprüfung eine fächerübergreifende fallbezogene Prüfung. Mit der neuen
AO erlangen die Medizinischen Fakultäten insbesondere im klinischen Studienteil eine
weitaus größere Autonomie bei der Gestaltung ihrer Curricula. Klinische Leistungsnachweise
werden benotet und gehen in das Abschlusszeugnis über die Ärztliche Prüfung
ein. Die Universität begrüßt die Neuregelung, da sie zu einer Aufwertung der Lehre und
einer Motivationssteigerung bei den Studierenden beitragen wird.
An beiden Medizinischen Fakultäten der Universität wurde im Berichtszeitraum an der
Umsetzung der neuen Approbationsordnung für Ärzte gearbeitet.
Medizinische Fakultät Heidelberg
Das von der Medizinischen Fakultät Heidelberg entwickelte „Heidelberger Curriculum
Medicinale“ (HeiCuMed) ist das erste modularisierte klinische Kursrotationsprogramm
in der Bundesrepublik. In seiner Evaluierung vom Januar 2003 würdigt der Wissenschaftsrat das Curriculum HeiCuMed als „einen der umfassendsten Ansätze zur Reform
der klinischen Ausbildung in Deutschland“. Die Fakultät habe mit HeiCuMed „neben
dem wissenschaftlichen Profil auch ein eigenständiges Lehrprofil etabliert, das beispielgebend
für Baden-Württemberg und die ganze Bundesrepublik ist.“
Der Medizinischen Fakultät Heidelberg gelang es aufgrund ihrer exzellenten Vorarbeiten,
die neue AO im Berichtszeitraum zügig umzusetzen. Eine wesentliche Aufgabe
bestand in der Anpassung von „HeiCuMed“ an den erweiterten Fächerkatalog der
neuen AO (bisher 25 Fächer, in Zukunft 22 Fächer, zwölf Querschnittbereiche und fünf
Blockpraktika).
Am 6.2.2003 hat der erweiterte Fakultätsrat die drei neuen Teilstudienordnungen für den
Studiengang Medizin (Vorklinik, HeiCuMed und Praktisches Jahr) verabschiedet.
Im Berichtszeitraum hat die Medizinische Fakultät Heidelberg Dozentenschulungen in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Erwachsenenbildung und dem Hochschuldidaktikzentrum
in Mannheim durchgeführt. Zurzeit laufen Bestrebungen, die von der Medizinischen
Fakultät Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School entwickelte
Schulung als Teil des „Baden-Württemberg Zertifikats für den Erwerb hochschuldidaktischer
Kompetenzen“ anerkennen zu lassen.
Die in der neuen AO festgelegten Querschnittsbereiche und fächerübergreifenden Leistungsnachweise
stellen neue Anforderungen an die elektronische Lernplattform
ATHENA, die eine webbasierte Curriculumsunterstützung ermöglicht. Die Interdisziplinarität
der Lehrveranstaltungen und die integrierende Inhaltsdarstellung sollen durch
die Online-Kurse in den einzelnen Fachbereichen abgebildet werden.
Nach Systemvergleichen wurde im Berichtszeitraum die Entscheidung zur Migration auf
die neue Software dotLRN getroffen. Die Systementwicklung erfolgt „Open-Source“
über eine Kooperation mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston.
Hierbei nehmen die Softwarespezialisten der Fakultät und des sie bei der Umsetzung
unterstützenden Rechenzentrums der Universität Heidelberg entscheidenden Einfluss
auf das Programm und passen es der durch HeiCuMed vorgegebenen Kursstruktur und
ihren Lerninhalten an.
Im Berichtszeitraum erfolgte in ATHENA der konzeptionelle Einsatz von IMPP-Altfragen
bei der Lernzielkontrolle für Studierende sowie zur Schwachstellenanalyse durch
Dozenten. Darüber hinaus wurden mit dem Fragentool computerbasierte Prüfungen für
die einzelnen Fachbereiche konzipiert und interne Evaluationen zeit- und personalsparend
Online vorgenommen.
Mit Beginn des Sommersemesters 2003 sind alle Kurse des klinischen Studienabschnitts
in die Lernplattform integriert und den Studierenden zugänglich.
Fakultät für Klinische Medizin Mannheim
Die Fakultät für Klinische Medizin Mannheim nimmt jährlich 160 Studierende auf und
bietet die Vorteile einer kleinen Fakultät mit einem engen Verhältnis zwischen Professoren
und Studierenden. Die Fakultät verfolgt, auch auf Empfehlung des Wissenschaftsrates,
die Umsetzung eines eigenständiges Curriculums, welches für Studierende kompatibel
zum Curriculum der Medizinischen Fakultät Heidelberg angelegt ist. An der
Fakultät für Klinische Medizin Mannheim ist eine qualifizierte Promotion während des
klinischen Studienabschnittes erwünscht. Hierzu werden studienbegleitende Seminare
und Aktivitäten angeboten.
Von der auch an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim bestehenden Kooperation
mit der Harvard Medical School verspricht sich die Fakultät organisatorische und inhaltliche
Anregungen bei der Umsetzung der neuen Approbationsordnung.
Im April 2002 besuchte eine Mannheimer Dozentengruppe die Harvard Medical School
in Boston. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage zur Umsetzung und Planung
von Kursen. Es wurde Wert auf die Vermittlung der Lehrmethode „POL – Problem-orientiertes
Lernen“ gelegt, die Studierenden im Kleingruppenunterricht anhand von so
genannten „Paper cases“ (Patientenfälle auf Papier) Problemlösungsstrategien vermittelt.
Der Kursus der Pathophysiologie wurde nach dem System des POL zum WS
2002/03 begonnen. Im Januar 2003 fand eine ganztägige Klausurtagung der Fakultät für
den Bereich Lehre / neue Approbationsordnung statt.
Das Junior-Scientific-Masterclass-program (JSMC-program), das sich an forschungsinteressierte
Studierende richtet, wurde 2002 fortgeführt. Die ersten Studierenden starteten
mit einem einwöchigen, einführenden Kurs „Introduction to medical research“ im
Februar 2002. Es konnten Dozenten aus Groningen (NL), Leiden (NL), Heidelberg und
Würzburg gewonnen werden. Die Studierendengruppe, die größtenteils aus Studierenden
der jüngeren klinischen Semester besteht, wird im Verlauf ihres Studiums hinsichtlich
ihrer Forschungsinteressen betreut und beraten. Im September 2002 fand ein Laborkurs
im Zentrum für Medizinische Forschung der Fakultät statt, in dem grundlegende
Kenntnisse der Laborarbeit vermittelt wurden. Im Februar 2003 absolvierte zusätzlich
eine neue Gruppe von Studierenden den einführenden Kurs „Introduction to medical
research“.
Zusammen mit der „Rijksuniversiteit Groningen“ wurde bei der DFG und der niederländischen
Forschungsgesellschaft „NWO“ ein internationales Graduiertenkolleg „Vaskuläre
Medizin“ beantragt und inzwischen auch genehmigt.
Seit Oktober 2002 wird in der Medizinisch-Wissenschaftlichen Bibliothek der Fakultät an
einer Verbesserung der elektronischen Angebote der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung
gearbeitet. Mit der kommentierten E-Learning Datenbank für Mediziner
(KELDAmed) setzt die Bibliothek der Fakultät in ihrem Internetangebot einen neuen
Akzent: Die Auswahl der E-Learning Angebote wird unter Berücksichtigung der fachlichen
Inhalte, der didaktischen Aufbereitung und der Darstellungsweise im Internet
getroffen. Aufgenommen wurden über 1.100 inhaltlich erschlossene Links, die grundsätzlich
nur frei im Netz verfügbare, technisch funktionsfähige Multimedia-Angebote
und E-books in deutscher und englischer Sprache umfassen.