hei_ONLINE Vortrag: Antisemitismus und Diskriminierungsbekämpfung im Privatrecht
Pressemitteilung Nr. 59/2021
17. Juni 2021
Ruperto Carola Ringvorlesung erinnert im Sommersemester an den Biochemiker Otto Meyerhof
Zum Thema „Antisemitismus und Diskriminierungsbekämpfung im Privatrecht“ spricht Prof. Dr. Marc-Philippe Weller, Rechtswissenschaftler an der Universität Heidelberg. Sein Vortrag ist Teil der Ruperto Carola Ringvorlesung „Otto Meyerhof – Ein Wissenschaftlerleben zwischen Ruhm und Vertreibung“, mit der die Universität im Sommersemester an einen der bedeutendsten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts erinnert. Von 1929 an als Forscher in Heidelberg tätig, entzogen die Nationalsozialisten Otto Meyerhof 1935 die Lehrbefugnis und zwangen ihn zu Emigration und Flucht. Die Videoaufzeichnung des Vortrags ist von Montag, 21. Juni 2021, an abrufbar über heiONLINE – das zentrale Portal der Universität mit Vorträgen, Diskussionsrunden und Veranstaltungen in digitalen Formaten.
Wie reagiert das Recht auf die zunehmenden antisemitischen Vorfälle – selten durch staatliche Stellen, sondern vornehmlich durch Private, etwa in Form von Schmähungen oder antisemitischen Diskriminierungen unter Bürgerinnen und Bürgern? Nach den Worten von Prof. Weller spielt das Privatrecht für die Bewältigung von Antisemitismus bisher nur eine unzureichende Rolle. Das Privatrecht kann und muss – so wird der Rechtswissenschaftler in seinem Vortrag ausführen – antisemitischen Vorfällen auf den Ebenen des Kollisions- und Sachrechts entgegentreten, indem es grundlegende Wertvorstellungen der Bundesrepublik Deutschland bei der Rechtsanwendung aktiviert, um den Schutz jüdischer Identität in Deutschland zu gewährleisten. Marc-Philippe Weller ist seit 2014 Direktor am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg.
Der Biochemiker Otto Meyerhof, 1922 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, hatte an der Heidelberger Universität studiert und wurde hier auch promoviert. 1929 übernahm er in Heidelberg die Leitung des Instituts für Physiologie am neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung und wurde zum ordentlichen Honorarprofessor der Medizinischen Fakultät ernannt. Als sich die Arbeitsbedingungen für den jüdischen Wissenschaftler zunehmend verschlechterten, beschloss er 1938, Deutschland zu verlassen. Er forschte in Paris, musste jedoch 1940 über Spanien und Portugal in die USA fliehen, wo er an der Pennsylvania University einen Lehrstuhl für Physiologische Chemie erhielt. Otto Meyerhof starb 1951 in Philadelphia.
Die Ruperto Carola Ringvorlesung ist Teil eines Konzepts von Fokusthemen. Damit wird die Universität Heidelberg zweimal jährlich gesellschaftlich relevante Forschungsfragen in unterschiedlichen Formaten an die breite Öffentlichkeit herantragen. Die Ringvorlesung zu Otto Meyerhof wurde gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Schmitt von der Medizinischen Fakultät Heidelberg konzipiert. Sie ist Teil des Fokusthemas „Freund und Feind“. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen setzen sich aus der Sicht ihrer Disziplin mit drängenden Fragen von Antisemitismus und Diskriminierung auseinander. Die Vorträge, zu denen aktuell keine Zuhörer in Präsenz zugelassen sind, werden aufgezeichnet und sind als Video jeweils montags über das Portal heiONLINE abrufbar.