Marcus Imbsweiler Drei Leidenschaften
Der Heidelberger Autor Marcus Imbsweiler ist passionierter Läufer und Musikliebhaber
Wenn Marcus Imbsweiler im Wald über Heidelberg seine Runden dreht, um für einen Halbmarathon zu trainieren, kann es sein, dass er dabei gleichzeitig auch intensiv an seinem nächsten Krimi arbeitet: Denn auf seinen täglichen Lauftouren entwickelt der Schöpfer des Heidelberger Privatdetektivs Max Koller gerne Ideen für spannende Plots und klärt komplizierte Handlungszusammenhänge, die einen Sinn ergeben und in sich logisch sein müssen. „Wenn ich laufe und an nichts anderes denken muss, dann kommen mir oft die besten Ideen – was sicherlich kein Zufall ist!“ Denn Bücherschreiben und Laufen sind zwei große Leidenschaften des 55-Jährigen, die er etwa zur gleichen Zeit vor rund 25 Jahren für sich entdeckt hat. Sie trafen auf eine weitere Leidenschaft, die er bereits zu Schulzeiten entwickelte: Die Liebe zur klassischen Musik.
„Auch geschrieben habe ich eigentlich schon als Kind, kleine Gedichte und Erzählungen“, erinnert er sich. Aber erst als er nach seinem Germanistik- und Musikwissenschaftsstudium bereits als Musikjournalist arbeitete, wagte sich Marcus Imbsweiler an seinen ersten Roman: einen schließlich 2007 veröffentlichten Heidelberg-Krimi mit der Hauptfigur Max Koller, der mittlerweile der Held von neun Bänden ist. „Dass man dranbleibt und Lust entwickelt, über eine längere Zeit an einem Thema zu arbeiten und diesem immer wieder neue Facetten abzuringen, hat für mich viel mit dem Laufen zu tun – für beides braucht man einen langen Atem“, erklärt er. Zum Laufen fand er während des Examens, als er entdeckte, dass es ihm zu neuer Energie in den Lernphasen verhalf. Mittlerweile kann sich der passionierte Marathonläufer ein Leben ohne Laufen nicht mehr vorstellen – und wenn er beim Schreiben feststeckt, dann weiß er, dass eine Runde im Wald den Knoten im Kopf zum Platzen bringen kann.
Wenn ich laufe und an nichts anderes denken muss, dann kommen mir oft die besten Ideen – was sicherlich kein Zufall ist!
Marcus Imbsweiler
Zur Figur Max Koller – ein einsamer Wolf, der sozial eher unten angesiedelt ist, das Herz am rechten Fleck trägt, aber immer wieder an den Verhältnissen scheitert – inspirierten ihn amerikanische Krimiklassiker wie der Privatdetektiv Sam Spade von Dashiell Hammett. Zunächst war die Figur als eine Art moderne Parodie gedacht, aber er merkte schnell, dass das nicht funktionierte. Heidelberg, wo Marcus Imbsweiler nach dem Studium geblieben ist und heute noch mit Frau und fünf Töchtern lebt, ist für ihn ein perfektes Pflaster für Krimis: „Jede Figur, die man braucht, kann man hier finden, auch weil es so viel internationalen Austausch gibt. Ein Proletarierkrimi mit Ruhrpottcharme wäre zwar eher schwierig – aber ansonsten ist hier alles möglich, auch schräge Themen. Wenn jemand beispielsweise eine neue Waffe entwickelt, dann sitzt er natürlich im Neuenheimer Feld, ganz klar!“
Aber Heidelberg ist nicht nur ein guter Ort für seine Krimis, sondern auch für deren Entstehung, denn Marcus Imbsweiler schätzt die Infrastruktur mit den Bibliotheken für seine Arbeit, für die je nach Thema viel Recherche nötig ist. Etwa ein halbes Jahr arbeitet er an einem Krimi, wobei er erst rund zwei Monate recherchiert, Skizzen entwirft, Personen charakterisiert und sich Knotenpunkte der Handlung vergegenwärtigt. Wenn dann das Handlungsgerüst steht, geht es los mit dem Schreiben. Gerade erst ist unter dem Titel „Heidelbergblues“ Max Kollers neuer Fall erschienen, obwohl Marcus Imbsweiler die Reihe eigentlich 2015 mit dem Band „Abschiedstour“ abschließen wollte. Aber dann kamen viele neue gesellschaftliche Entwicklungen bis hin zur Corona-Pandemie, bei denen er sich fragte, was wohl Max Koller dazu sagen würde, so dass er beschloss, diesen doch noch weiterermitteln zu lassen.
Eine Rolle spielte dabei auch, dass Marcus Imbsweiler wie die meisten Künstler die Folgen der Corona-Shutdowns spürte, die es unmöglich machten, mit Veranstaltungen die Werbetrommel für die Bücher zu rühren, die er neben den beliebten Krimis schreibt: Bücher über Musik, beispielsweise Komponistenerzählungen oder Romane, die historische Fakten zu Musikern mit fiktiven Interpretationen verknüpfen. Bei seiner musikjournalistischen Arbeit stößt er immer wieder auf Material mit Überlieferungslücken, die sich nicht unbedingt musikwissenschaftlich, dafür aber belletristisch schließen lassen. „Unter dem Vorbehalt, dass es nur Erwägungen sind, die sich so nicht abgespielt haben müssen, komme ich so oft auf Ideen für Erzählungen und Romane. Diese haben natürlich eine viel überschaubarere Zielgruppe als Krimis – ich finde dieses Themenfeld aber dennoch lohnenswert.“
Bereits während der Schulzeit entwickelte sich bei Marcus Imbsweiler, der Klavier spielt und während des Studiums noch Fagott lernte, um in einem Orchester spielen zu können, das Interesse an klassischer Musik. Heute widmet er sich nicht nur schreibend dem Vermitteln von Musik, um auch andere dafür zu begeistern: Seit einiger Zeit bietet das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) die Veranstaltungsreihe „Musical Sunday“ an, in der Marcus Imsbweiler und Timo Jouko Herrmann, Komponist und Gastdirigent der Heidelberger Sinfoniker, im gemeinsamen Gespräch jeweils ein Werk eines Komponisten im Zusammenhang mit dessen Leben und Epoche vorstellen. Hervorgegangen ist die Veranstaltung aus der von Marcus Imbsweiler koordinierten DAI-Reihe „Local Monday“, in deren Rahmen Literatur aus der Region vorgestellt wird und auch Timo Herrmann zu Gast war, der eine Salieri-Biografie geschrieben hatte. Als die beiden merkten, dass das Zusammenspiel zwischen ihnen während der Veranstaltung sehr gut funktionierte, machten sie Ende 2019 in Vorbereitung auf das Beethoven-Jahr 2020 eine gemeinsame Veranstaltung zu dem Komponisten, die zum Auftakt des „Musical Sunday“ wurde.
„Wir haben beide etwas unterschiedliche Schwerpunkte – Timo ist als Komponist, Dirigent und Geiger mehr der Praktiker, ich kümmere mich eher um den musikhistorischen Hintergrund.“ Mit so wenig Fachbegriffen wie möglich erklären die beiden Partituren, musikalische Gestaltungsmittel und Hintergründe von Musikstücken wie Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“, Edvard Griegs „Peer-Gynt-Suiten“ oder Hector Berlioz’ Liederzyklus „Les nuits d’été“. „So niederschwellig wie möglich wollen wir dabei auch Leute mitnehmen, die nicht oder nur wenig Noten lesen können“, erklärt Marcus Imbsweiler. Und so will er auch deutlich machen, dass klassische Musik ein genauso schönes Hobby sein kann wie Laufen oder Krimilesen.
(Erscheinungsjahr 2022)