Mumienetikett – Eingesetzt gegen Leichenverwechslung
Ägyptische Sammlung
Die Vorstellung liegt nahe, dass das abgebildete Objekt mit einem Faden am großen Zeh eines Toten befestigt war – derart ähnlich sieht es auf den ersten Blick den Etiketten in Leichenhallen, wie man sie vielleicht aus Krimis im Fernsehen kennt. Fertige ägyptische Mumie waren allerdings so eingewickelt, dass die Zehen gar nicht mehr einzeln zugänglich waren, sondern in einer Gesamtverpackung des Körpers verschwanden. Das hier gezeigte Mumienetikett war wohl eher im Brustbereich angebracht, wie aus den wenigen Berichten zu schließen ist, die über die Auffindung solcher Etiketten existieren.
Mumienetiketten sind in geringem Umfang bereits aus der Ptolemäerzeit (332–30 v. u. Z.), weitaus häufiger jedoch aus der Römerzeit (30 v. u. Z. – 395 n. u. Z.) bezeugt. Wichtigstes und unentbehrliches Element ist der Personenname mit Angabe der Eltern und gelegentlich auch des Berufs. Häufig kommt ab der Römerzeit noch die Angabe des Lebensalters hinzu, was diese Etiketten zu willkommenen Quellen für demographische Untersuchungen macht. Auf einigen finden sich zudem kurze religiöse Formeln, etwa »möge sein Ba leben« oder »Möge er Sokar-Osiris, dem großen Gott, dem Herrn von Abydos folgen«.
Das vorliegende Objekt weist eine vergleichsweise knappe Inschrift auf: Sie enthält kein Datum und keine Angabe der Lebenszeit, sondern nennt nur die mit dem Objekt verbundene Frau, ihre Eltern sowie einen Ort, nämlich das vierte Stadtviertel der Stadt Pinebot in Mittelägypten. Auffällig ist, dass die Fläche des Holzobjekts bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Die Schrift wirkt auf dem viel zu großen Träger wie verloren oder eingeschrumpft.
Holz, Breite 11,5 cm, Höhe 7,5 cm, 1.–2. Jh. n. u. Z., Inventarnummer 1892, Ägyptische Sammlung, Heidelberg Center for Cultural Heritage
© Robert Ajtai; Ägyptische Sammlung /HCCH, Universität Heidelberg