Magdeburg – Dom und Domplatz
Magdeburg wurde unter Kaiser Otto I. (†973) zu einem neuen Herrschaftszentrum im mittelalterlichen deutschen Reich ausgebaut. Forschungsgrabungen auf dem Domplatz und im gotischen Dom 2001–2011 durch Rainer Kuhn haben zahlreiche Baubefunde dokumentiert, die die Ergebnisse älterer Ausgrabungen im Dom und auf dem Domplatz in ein neues Licht stellen. Als Kooperationspartner des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (Halle) werden am IEK die Baubefunde der neuen Grabungen für eine Abschlusspublikation ausgewertet. Das Kulturhistorische Museum Magdeburg ermöglicht den Abgleich mit den unpublizierten Funden und Dokumentationen der älteren Grabungen von 1965–1968. Wichtige Funde und der Forschungsstand bis 2018 werden im neuen Dommuseum Ottonianum in Magdeburg präsentiert.
Die rasch publizierten Vorberichte zu den neuen Grabungen auf dem Domplatz und im Dom haben die bestehenden Streitfragen nicht unmittelbar geklärt. Entstand im 10. Jahrhundert eine „Doppelkathedrale“? Existierten hier Kloster-, Damenstifts- und Bischofskirchen nebeneinander? Oder erhob sich nördlich des Doms eine Pfalz? Ist der ottonische Dom gemäß einer Ortskontinuität unter dem gotischen Dom zu suchen oder an anderer Stelle auf dem Domhügel? Die Schriftquellen des 10.–12. Jahrhunderts fügen sich nicht zu einem klaren Bild, und die zahlreichen Grabungsbefunde lassen sich bislang nicht widerspruchsfrei deuten.
Für den Dom sollen im Kontext der Auswertung der Grabungen von 2006–2011 auch die älteren, zwischen 1896 und 1965 ausgegrabenen Baustrukturen der vorgotischen Domkirchen und des Domklosters neu betrachtet werden, um eine erstmals detailliert begründete Baugeschichte und Rekonstruktion der Magdeburger Domkirchen vor dem Brand 1207 zu gewinnen. Eine besondere Aufmerksamkeit soll dabei auch dem Vergleich mit anderen mittelalterlichen Domklöstern gewidmet werden (Bearbeiterin: Lena Schulten M.A.).
Auf dem Domplatz erfassten die Grabungen von 2001–2003 den Ostteil eines monumentalen Baukomplexes, der 1965–1968 von Ernst Nickel ausgegraben worden war. Das Gebäude wurde zunächst als „ottonische Königspfalz“ gedeutet. Babette Ludowici hat bei der Auswertung dieser Altgrabung Nickels Datierung widerlegen können und eine neue Deutung als „Westbau einer Großkirche“ mit zwei Hauptbauphasen im 10. und 11./12. Jahrhundert vorgeschlagen. Die neuen Grabungen im Ostteil des Gebäude erbrachten erstmals präzise stratigraphische Einblicke und erfassten mehrere, zuvor nicht bekannte Baustrukturen. Auch hier wird die neue Auswertung die Baugeschichte weiter klären. Ergänzend sollen die kleineren Ausgrabungen im Umfeld des Domplatzes in die Auswertung einbezogen werden, die wichtige Aspekte zur Topographie und mittelalterlichen Siedlungsgeschichte des Domplatzes beitragen werden (Bearbeiterin: Sandra Kriszt M.A.).
Ziel des Projekts ist es, den Umfang und die Gestalt der von Otto I. auf dem Domplatz initiierten Großbauten genauer zu bestimmen und die archäologisch fassbare Geschichte dieses für die Reichsgeschichte so bedeutsamen Areals bis in das frühe 13. Jahrhundert darzustellen.