Donnerstag, 28.11.2024
17:15 | Prof. Dr. Kim Ryholt (University of Copenhagen) |
„Unsere Grundfinanzierung stagniert seit 1998“
„Für die Bewältigung unserer Aufgaben brauchen wir das Vertrauen der Politik und der Gesellschaft. Autonomie und akademische Freiheit sind abgeleitet von Zutrauen und Vertrauen. Unsere Resultate müssen dann immer wieder aufs Neue dieses Vertrauen rechtfertigen, an ihnen müssen wir uns messen lassen! Um nur eine Kohorte Studierender durch das Bachelor-Master-Programm zu bringen, benötigen wir zehn bis zwölf Semester, also bis zu sechs Jahre Zeit. Wann endlich wird man zur Kenntnis nehmen, dass eine Universität nicht alle paar Jahre ,reformiert‘ werden will und kann? Die Universität braucht jetzt erst einmal Zeit und verlässliche finanzielle, politische und legislative Rahmenbedingungen, um die Veränderungen der vergangenen Jahre auch wirksam werden zu lassen. Eine große Universität wie die Ruperto Carola ist mit fast 14 000 Mitarbeitern und über 31 000 Studierenden wie ein Tanker: Steuert man hektisch um, dann kommt das Ganze bestenfalls ins Schlingern, ein vernünftiger Kurs ist schwer erkennbar.“ Das sagt Prof. Dr. Bernhard Eitel (Foto: Philipp Benjamin), dessen zweite Amtszeit als Rektor der Ruperto Carola vergangenen Oktober begonnen hat, hier im Interview:
Herr Eitel, worin werden aus heutiger Perspektive die größten Herausforderungen in Ihrer zweiten Amtszeit liegen?
Menschenrechte hautnah
Von Ramona Fehringer
Khadim Resaan Hassan war während des Irakkriegs 2003 ein hochrangiges Mitglied der regierenden Ba’ath Party und General in der Privatarmee der Partei. Am 23. April stürmte eine britische Einheit sein Haus, um Hassan zu arrestieren. Dabei fanden die Soldaten jedoch seinen bewaffneten Bruder Tarek Hassan vor, den sie nach Camp Bucca brachten. Vier Monate nach dessen Freilassung – vermutlich um den 2. Mai – wurde Tarek tot aufgefunden. Acht Kugeln einer Kalaschnikow hatten ihn getroffen, Spuren von Folter und einer Hinrichtung zeichneten seinen Leichnam.
Khadim Resaan Hassan klagt deswegen in Straßburg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen das Vereinigte Königreich. Und zum Jahresabschluss hatte ELSA Heidelberg unter dem Aspekt des Europarechts eine Fahrt zu der öffentlichen Verhandlung der Großen Kammer organisiert (Foto: privat). Die European Law Students’ Association hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Besuche bei in- und ausländischen Institutionen und Kanzleien sowie durch Vorträge und Seminare einen praktischen Bezug zum vermittelten Vorlesungsstoff herzustellen.
Studieren ohne Geldsorgen
Von Mirjam Mohr
Die erste Stipendiatin des Scholarships von Heidelberg Alumni U.S. (HAUS) hat ein positives Fazit ihrer Studienzeit an der Universität Heidelberg gezogen. „Es war eine schöne neue Erfahrung, und ich möchte nach Beendigung meines Studiums gerne wieder nach Deutschland zurück, entweder für ein Masterstudium oder eine Promotion“, sagte Calista Randazzo (Foto: Universität). Sie fühle sich sehr geehrt, dass sie das HAUS-Stipendium für ein Semester in Heidelberg bekommen habe, betonte sie: „Dadurch konnte ich mich ohne Geldsorgen auf mein Studium konzentrieren.“
Randazzo studiert an der California Polytechnic State University in San Luis Obispo Animal Science und German. Während des Semesters in Heidelberg besuchte sie Veranstaltungen des Bachelorstudiengangs „Germanistik im Kulturvergleich“. Für den Rest ihres Auslandsjahrs wechselte Randazzo zum Sommersemester 2013 an die Universität Hohenheim, um dort ihr Hauptfach Tierwissenschaft zu studieren, was an der Ruperto Carola nicht möglich ist. Nach ihrer Rückkehr in die USA steht nun nach einem letzten Studiensemester das Examen an.
Mit verstümmeltem Erbgut gegen die stille Seuche
Von Ute von Figura
„Vorsicht! Biogefährdung“ steht in fetten schwarzen Lettern auf einem signalgelben Schild, das an der Glastür zu den Labors in Heidelberg hängt. Hinter dieser Tür forschen Prof. Dr. Ralf Bartenschlager (Foto: Philipp Benjamin) und seine rund 60 Mitarbeiter an den Funktionsmechanismen gefährlicher Viren, insbesondere des Hepatitis-C-Virus, kurz HCV. Vor rund 15 Jahren gelang Bartenschlager sein erster großer Durchbruch: Er züchtete ein sogenanntes Mini-Genom des HCV, an dem erstmals antivirale Therapien erprobt werden konnten. Wenige Jahre später dann sein zweiter Coup: die Entwicklung eines Zellsystems, in dem sich der vollständige Lebenszyklus des Virus nachvollziehen ließ. Beide Entdeckungen waren Meilensteine. Dafür wurde der Wissenschaftler jetzt mit dem Lautenschläger-Forschungspreis ausgezeichnet.
Als „stille Seuche“ bezeichnet Ralf Bartenschlager das Virus, denn oft bemerken die Betroffenen viele Jahre nichts von ihrer Erkrankung. Die Symptome sind – sofern sie überhaupt auftreten – unspezifisch. Bleibt der Erreger in den ersten sechs Monaten nach der Infektion unerkannt und gelingt es dem körpereigenen Immunsystem nicht, ihn zu eliminieren, wird die Krankheit chronisch. Weltweit tragen rund 170 Millionen Menschen das Virus in sich, allein in Deutschland etwa 800 000. Mit der Zeit kann Hepatitis C zu schwerwiegenden Leberschäden führen, die im schlimmsten Fall Nährboden für ein Leberzellkarzinom werden und tödlich enden.
Erstaunliche Entfernungen von einigen Millimetern
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg haben den Grundmechanismus aufgeklärt, wie die Haut Wunden verschließt. Dank modernster, hochauflösender Mikroskopie-Technik beobachteten sie die Zellbewegungen in einem im Labor gezüchteten Gewebe, das der menschlichen Haut sehr nahe kommt, und entwickelten ein dreidimensionales Modell des Heilungsprozesses.
Das Team um Privatdozent Dr. Niels Grabe sowie Mitarbeiter Dr. Kai Safferling und Thomas Sütterlin zeigte: Die in die Wunde einwandernden Zellen selbst tragen – anders als bisher angenommen – nur wenig zur neuen Zellmasse bei, welche die Wunde verschließt. Stattdessen bilden die umliegenden Hautareale massiv neue Zellen und schieben diese unter der intakten Haut hindurch in die Wunde (Bild: Hamamatsu TIGA Center/Universitätsklinikum). Dabei legen die neuen Zellen für ihre Größenverhältnisse erstaunliche Entfernungen von einigen Millimetern zurück. Die wegweisende Heidelberger Arbeit widerlegt bisherige Theorien zum Wundverschluss und unterstützt künftige Forschungsarbeiten zu chronischen Wunden. Sie ist online im Journal of Cell Biology erschienen.
Grundlage eines eigenen geistig-kulturellen Zentrums
Von Oliver Fink
Mit der Herrscherdynastie der Wittelsbacher und ihrem jahrhundertelangen Wirken in der Kurpfalz beschäftigt sich derzeit eine große Ausstellung in Mannheim (Abbildung: Biblioteca Apostolica Vaticana, „Mons quatuor fluvialium arborum“). Die Universität Heidelberg ist daran gleich in mehrfacher Hinsicht beteiligt: Als wissenschaftliche Koordinatoren fungieren die beiden Historiker Prof. Dr. Bernd Schneidmüller und Prof. Dr. Stefan Weinfurter, die Ruperto Carola hat zahlreiche Exponate beigesteuert und nicht zuletzt spielt die Geschichte der Universität als Thema eine tragende Rolle.
Von der Verleihung der Pfalzgrafenwürde an Herzog Ludwig I. von Wittelsbach im Jahr 1214 bis zur Auflösung der Kurpfalz 1803 reicht der Bogen, den die Ausstellung in chronologischer Abfolge spannt. Im Mittelpunkt steht zunächst der bemerkenswerte Aufstieg der Pfälzer Wittelsbacher und ihres Territoriums zu einer festen und mächtigen Größe im damaligen deutschen Reich. Davon profitierte gerade auch die Stadt Heidelberg, die zur Residenzstadt ausgebaut und 1386 zudem zur Universitätsstadt wurde. Wie zuvor schon die Habsburger und die Luxemburger – die beiden anderen großen Dynastien im damaligen Reich – mit ihren Universitätsgründungen in Wien und Prag schufen die Wittelsbacher mit der Hochschulgründung in Heidelberg die Grundlage eines eigenen geistig-kulturellen Zentrums.