Die »Deutsche Burschenschaft«
Die ›Deutsche Burschenschaft‹ (DB) ist der größte Dachverband deutscher Burschenschaften. Sie wurde 1881 als ›Allgemeiner Deputierten Konvent‹ (ADC) gegründet, benannte sich 1902 in ›Deutsche Burschenschaft‹ um und löste sich am 6. Oktober 1935 durch einen Beschluss des Burschentages zugunsten des ›Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes‹ (NSDStB) auf.
Doch nicht erst 1935 positionierte sich die DB eindeutig rassistisch und antisemitisch: Bereits 1920 wurde auf dem ›Burschenschaftstag‹ in Eisenach die offizielle Satzung des Dachverbandes ergänzt: »Die Burschenschaft steht auf dem Rassestandpunkt; nur deutsche Studenten arischer Abstammung, die sich zum Deutschtum bekennen, werden in die Burschenschaft aufgenommen.«
Nach dem Zweite Weltkrieg wirkten alte Strukturen und politische Überzeugungen in der Deutschen Burschenschaft weiter: »so genannte ›soldatische Tugenden‹ wie Ehre, Standhaftigkeit, Mut oder Gehorsam« standen fortan ungebrochen im Zentrum der erwünschten Persönlichkeitsbildung (A. Remmel, Die Deutsche Burschenschaft).
In den Standpunkten der Burschenschaftlichen Gemeinschaft wird behauptet, »daß keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden hat, sondern daß sich diese Gebiete im Schwebezustand befinden, da keine Abstimmung darüber unter den Vertriebenen durchgeführt wurde.«
Im ›Handbuch der Deutschen Burschenschaft‹ von 1982 wird unter dem Abschnitt »Volk, Staat, Nation, Vaterland – Grundbegriffe burschenschaftlicher Politik« der Begriff »Volk« als »eine menschliche Gemeinschaft, die durch gleiche Abstammung, gleiches geschichtliches Schicksal, gleiche Kultur und verwandtes Brauchtum, dieselbe Sprache und zusammenhängenden Siedlungsraum verbunden und geprägt ist« und somit als »natürlicher Zusammenschluß« definiert. Nach den Grundsätzen der DB stellt die ›Blutsgemeinschaft‹ ein wichtiges Kriterium für die Einheit eines politischen ›Volkes‹ sowie entsprechend auch der Nation dar. Dass zusätzlich noch auf kulturalistische Kriterien wie »Brauchtum« und gemeinsame »Sprache« verwiesen wird, entspricht dem häufig von Rechtsradikalen bedienten Konzept des Ethnopluralismus, das – scheinbar unter Ausschluss von biologisch-rassistische Argumenten – eine Differenzierung und Hierarchisierung von Menschen legitimieren soll. Unter Verweis auf vermeintlich natürliche Differenzen zwischen Menschen, wird der Gleichheits- und Gleichwertigkeitsanspruch aller Menschen unterlaufen und die Abgrenzung einzelner Ethnien gefordert.
Ein vorrangiges Ziel der DB ist das Wiedererstarken der deutschen Nation. Dabei werden die Verbrechen des Nationalsozialismus und die eigene Verantwortung relativistisch dargestellt. Im ›Handbuch der Deutschen Burschenschaft‹ wird ›kritische‹ Geschichtsschreibung als »Versuch der systematischen Zerstörung des deutschen Nationalbewußtseins und des nationalen Selbstbehauptungswillens durch eine langfristig angelegte und tiefgreifende Umerziehung« beschrieben.
Auf dem Burschentag 1997 in Jena wurde beschlossen, eine Gesetzesinitiative des Deutschen Bundestages zur Rehabilitierung von Deserteuren und »Wehrkraftzersetzern« und einer Entschädigung von DM 7.500 für Deserteure und deren Familien demonstrativ zurückzuweisen. Die DB forderte stattdessen den Bundestag auf, die dafür zur Verfügung gestellten Mittel als »Ehrensold für die noch lebenden Frontkämpfer zu verwenden.«
Die Verbindungen der DB zur rechten Szenen schließen auch rechtsradikale Parteien ein. So ist der ehemalige Pressereferent des Verbands Rolf Schlierer seit 1994 Bundesvorsitzender der Republikaner. Auf ihrer Homepage veröffentlichte die Deutsche Burschenschaft 2009 ein Interview mit Arne Schlimmer, Verbandsmitglied DB und Mitglied des Sächsischen Landtags für die NPD, um Fragen der Vereinbarkeit der »politischen Inhalte Ihrer Partei mit den Zielen der Deutschen Burschenschaft« nachzugehen. (www.burschenschaftliche-blaetter.de)
Es werden die zu niedrigen Geburtenzahlen »deutscher« Frauen bei gleichzeitiger Massenimmigration beklagt, so dass das »deutsche Volk« bedroht sei. (Burschenschaftliche Blätter 2004)
Ein weiterer Artikel der Burschenschaftlichen Blätter (2/2004) befasst sich mit demografischen Veränderungen, dort heißt es: »Die Betrachtung demographischer Entwicklungen unterliegt dem Zeitgeist und der ›Political correctness‹, so daß notwendige Maßnahmen zur Erhaltung des deutschen Volkes nicht oder viel zu spät ergriffen werden.« Es werden die zu niedrigen Geburtenzahlen »deutscher« Frauen bei gleichzeitiger Massenimmigration beklagt, so dass das »deutsche Volk« bedroht sei.
Innerhalb der DB hat sich seit 1961 eine Gruppe formiert die sich offen zur völkischen Ideologie bekennt: die Burschenschaftliche Gemeinschaft. Im Gründungsprotokoll der Gemeinschaft ist zu lesen: »Die Burschenschaften der Burschenschaftlichen Gemeinschaft bekennen sich zum volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff. […] Sie fordern die geistige und kulturelle Einheit aller, die dem deutschen Volke angehören.« In den Standpunkten der Burschenschaftlichen Gemeinschaft wird behauptet, »daß keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden hat, sondern daß sich diese Gebiete im Schwebezustand befinden, da keine Abstimmung darüber unter den Vertriebenen durchgeführt wurde.«
Gegenwärtig umfasst die DB in Deutschland und Österreich ca. 120 Korporationen unter anderem die Heidelberger Burschenschaften Frankonia und Normannia. Die Mitgliedschaft in der DB ist für die Burschenschaften freiwillig, mit ihr gehen sie jedoch die Verpflichtung ein, »neu eintretenden Mitgliedern das burschenschaftliche Gedankengut [der DB] zu vermitteln.«
von Nina Marie Bust-Bartels, Leonard Keidel & Janina Reibold
erschienen in un!mut no. 206: Themenheft zum Nationalsozialismus in Heidelberg vom 7. Juli 2010