RAN Newsletter 02/2024 Weitere ERC Grants und eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe für die Universität Heidelberg
Die Universität Heidelberg hat erneut hochdotierte Förderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten: Fünf Forscher:innen bekommen für Projekte an der Ruperto Carola, am DKFZ und am Mannheimer ZI jeweils einen ERC Advanced Grant, ein Wissenschaftler kann mit einem ERC Proof of Concept Grant ein Forschungsergebnis in der Neurobiologie Richtung Transfer weiterentwickeln. Im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurde zudem eine neue Nachwuchsgruppe für Datenwissenschaften in der Biologie eingerichtet.
Der ERC Advanced Grant wendet sich an herausragende, bereits etablierte Forscher:innen, die im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Arbeit bahnbrechende und im positiven Sinn risikobehaftete Forschungsvorhaben umsetzen möchten. Die maximale Förderdauer beträgt fünf Jahre. Damit gefördert werden der Chemiker Prof. Dr. Andreas Dreuw und die Neuropharmakologin Prof. Dr. Rohini Kuner, die ihre Arbeiten in der theoretischen und computergestützten Chemie sowie in der Schmerzforschung am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) und an der Medizinischen Fakultät Heidelberg durchführen. Dafür stellt der ERC Fördermittel in Höhe von insgesamt rund fünf Millionen Euro zur Verfügung. Ebenfalls Mitglieder der Ruperto Carola sind die Neuropsychologin und Klinische Psychologin Prof. Dr. Herta Flor, die Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Hannah Monyer und der Neurologe Prof. Dr. Michael Platten, die jeweils einen ERC Advanced Grant für ihre Projekte am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim sowie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg eingeworben haben. Sie werden mit insgesamt knapp sieben Millionen Euro gefördert.
Das von dem Chemiker Andreas Dreuw geleitete ERC-Projekt „High-Performance Computational Photochemistry and Spectroscopy“ (HIPERCOPS) beschäftigt sich mit der Berechnung elektronisch angeregter Zustände molekularer Systeme, um fotochemische Prozesse auf dem Computer simulieren zu können. Dafür stellt der ERC rund 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Andreas Dreuw ist seit 2011 Professor für Theoretische und Computergestützte Chemie an der Universität Heidelberg und leitet eine gleichnamige Forschungsgruppe am IWR. 2023 wurde er zum Prorektor für Forschung und Digitalisierung der Ruperto Carola gewählt.
Mit ihren Forschungsarbeiten im Rahmen des ERC-Projekts „Uncovering the Cortical Cellular Basis of Specificity and Chronicity of Pain“ (PAIN ENSEMBLES) geht die Neuropharmakologin Rohini Kuner der Frage nach, welche neuronalen Ensembles – ko-aktive und in Netzwerken verknüpfte Neuronen – zur Spezifität und zur Chronizität von Schmerz beitragen. Der ERC fördert diese Arbeiten mit rund 2,5 Millionen Euro. Rohini Kuner lehrt und forscht seit 2006 als Professorin für Pharmakologie und Toxikologie an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Seit 2009 leitet sie als Geschäftsführende Direktorin das dort angesiedelte Pharmakologische Institut.
In ihrem ERC-Projekt „A Mechanism-based Approach to the Prevention of Chronic Pain and its Comorbid Mental Disorders“ (MECHPAIN) widmet sich die Neuropsychologin und Klinische Psychologin Herta Flor chronischen Schmerzen, die typischerweise auch mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen einhergehen und trotz enormer Anstrengungen des Gesundheitssystems immer noch schwer zu behandeln sind. Hierfür stellt der ERC rund 2,4 Millionen Euro an Förderung zur Verfügung. Herta Flor ist seit Oktober 2023 Seniorprofessorin an der Medizinischen Fakultät Mannheim, nachdem sie im Jahr 2000 als Professorin für Neuropsychologie und Klinische Psychologie an die Ruperto Carola berufen worden war. Als Wissenschaftliche Direktorin leitete sie bis 2023 das gleichnamige Institut am ZI in Mannheim.
Mit dem ERC-Projekt „Cognitive Deficits Resulting from Selective Vulnerability of Septal Inhibitory Neurons: Mitochondrial Dysfunction as a Driver?“ (Vulnerable Inhibition) zielt die Neurowissenschaftlerin Hannah Monyer darauf, neue Erklärungsansätze bei der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen zu finden, was vom ERC mit rund zwei Millionen Euro unterstützt wird. Hannah Monyer ist seit 1999 Ärztliche Direktorin der Abteilung für Klinische Neurobiologie am Universitätsklinikum Heidelberg – einer Brückenabteilung, die an der Medizinischen Fakultät Heidelberg, der Universität Heidelberg und dem DKFZ angesiedelt ist.
Im Rahmen seines ERC-Projekts „Characterizing and Harnessing Tumor-reactive T Cells in the Brain“ (CENTRIC-BRAIN) werden der Neurologe Michael Platten und sein Team an der Entwicklung und Optimierung von personalisierten zellulären, durch Künstliche Intelligenz gesteuerte Immuntherapien bei bösartigen Hirntumoren arbeiten. Der ERC stellt für das Projekt Fördermittel in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Michael Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Mannheim und Direktor des Mannheimer Zentrums für Translationale Neurowissenschaften an der Medizinischen Fakultät Mannheim, an der er seit 2016 eine Professur für Neurologie innehat. Am DKFZ leitet er die Klinische Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie.
Mit einem Proof of Concept Grant fördert der ERC Wissenschaftler:innen, die bereits einen ERC Grant innehaben und ein Forschungsergebnis Richtung Transfer weiterentwickeln wollen. Der Neurobiologe Prof. Dr. Simon Wiegert arbeitet an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg an einem Faserphotometrie-System, das flexibel für verschiedene optische Messungen von Gehirnfunktionen eingesetzt werden kann. Für die Überprüfung des Anwendungspotenzials und die Weiterentwicklung zur Marktreife stellt der ERC 150.000 Euro für einen Zeitraum von eineinhalb Jahren zur Verfügung. Die Förderung für hyFiPhotometry ist hervorgegangen aus dem mit einem ERC Starting Grant geförderten Projekt LIFE synapses, in dessen Mittelpunkt die Erforschung der Struktur-Funktions-Beziehungen einzelner Synapsen im Gehirn stand. Die Forscher:innen um Prof. Wiegert entwickelten ein vielseitig einsetzbares und kostengünstiges Gerät, das das Potenzial hat, eine Reihe neuer Anwendungen zu erschließen. Dieses soll nun weiterentwickelt und für eine kommerzielle Nutzung vorbereitet werden. Simon Wiegert leitet die Abteilung Neurophysiologie an der Medizinischen Fakultät Mannheim und ist Mitglied des Mannheim Center for Translational Neuroscience (MCTN), das eine Plattform für Grundlagenforscher:innen sowie translational und klinisch arbeitende Neurowissenschaftler:innen bietet. Seine Forschungsarbeiten erstrecken sich von der synaptisch-zellulären Neurobiologie bis hin zur Netzwerk- und Systemneurobiologie.
Mit der Frage, wie sich aus großen molekularen Datensätzen neue Erkenntnisse zu grundlegenden biologischen Mechanismen gewinnen lassen, befasst sich eine neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der Universität Heidelberg. Unter der Leitung von Juniorprofessorin Dr. Britta Velten hat sie am Centre for Organismal Studies und am IWR ihre Arbeit aufgenommen. Das Forschungsteam will ein auf Maschinellem Lernen und statistischen Methoden basierendes Verfahren entwickeln, mit dem die Auswirkungen von genetischen Veränderungen auf unterschiedliche Organismen modelliert werden können. Die DFG fördert die sechsjährigen Arbeiten mit rund 1,4 Millionen Euro. Das Emmy Noether-Programm der DFG eröffnet besonders qualifizierten jungen Wissenschaftler:innen die Möglichkeit, sich mit der eigenverantwortlichen Leitung einer Nachwuchsgruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren. Britta Velten absolvierte ihr Bachelor- und Masterstudium der Mathematik an der Universität Heidelberg. 2019 folgte die Promotion auf dem Gebiet der Statistik an der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (Schweiz) und dem European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg. Bevor sie im Mai 2023 auf eine Tenure-Track-Professur für multifaktorielle Datenanalyse und maschinelles Lernen in den Lebenswissenschaften an die Universität Heidelberg berufen wurde, forschte sie als Postdoktorandin am DKFZ sowie am Wellcome Sanger Institute in Cambridge (Großbritannien).