RAN Newsletter 02/2023 Wäldern des Mittelmeerraums droht im Zuge des Klimawandels Versteppung
Bei anhaltender Trockenheit, wie sie aktuelle Klimamodellierungen vorhersagen, ist in naher Zukunft mit einer Versteppung der Wälder im Mittelmeerraum zu rechnen. Darauf deuten Untersuchungen von Geowissenschaftler:innen der Universität Heidelberg zu natürlichen Klima- und Vegetationsschwankungen der vergangenen 500.000 Jahre hin.
Ziel der Heidelberger Untersuchungen zu den natürlichen Schwankungen des Klimas in der Vergangenheit war es, die Konsequenzen des menschengemachten Klimawandels für mediterrane Ökosysteme vorherzusagen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie sich diese Schwankungen auf die Wälder im Mittelmeerraum ausgewirkt haben. Dazu analysierten die Forscher:innen um Dr. Andreas Koutsodendris fossile Pollen, die in einem Sedimentkern aus Griechenland erhalten geblieben sind.
Die Wälder des Mittelmeerraums sind nicht nur Biodiversitäts-Hotspots, sondern erbringen auch wichtige Ökosystemleistungen. So schützen sie den Boden vor Erosion, regulieren die regionalen klimatischen und hydrologischen Bedingungen und fungieren als Nahrungs- und Holzlieferanten. „Weil sie sehr sensibel auf klimatische Veränderungen reagieren, wächst angesichts des durch den Menschen verursachten CO2-Ausstoßes und der damit verbundenen Erderwärmung die Sorge um ihren Fortbestand“, erklärt Dr. Koutsodendris. Er ist Mitglied in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jörg Pross, die am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg zur Umwelt- und Ökosystemdynamik der Erde forscht.
Um nachzuvollziehen, wie mediterrane Wälder in der Vergangenheit auf klimatische Veränderungen reagiert haben, entnahmen die Heidelberger Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus Deutschland, Frankreich, Griechenland und Großbritannien Bohrkerne in Tenaghi Philippon – einem terrestrischen Klimaarchiv im Nordosten Griechenlands –, die den Zeitraum der vergangenen 500.000 Jahre lückenlos umfassen und in denen fossile Pollenkörner erhalten geblieben sind. Die über die Pollenkörner gewonnenen Informationen zur Vegetationsentwicklung während dieser Zeit wurden in Beziehung gesetzt mit geochemischen Daten zu den zeitgleichen Niederschlagsschwankungen. Die Ergebnisse des Teams um Dr. Koutsodendris zeigen, dass sich mediterrane Waldlandschaften in der Vergangenheit innerhalb weniger Jahrzehnte in Steppen verwandelten, sobald bestimmte Schwellen an Niederschlägen unterschritten wurden.
Mithilfe ökologischer Modelle gingen die Wissenschaftler:innen außerdem der Frage nach, welche Faktoren dazu geführt haben könnten, dass sich die Niederschlagsverhältnisse änderten. Ihre Analysen zeigen, dass Änderungen im atmosphärischen CO2-Gehalt die Menge des Niederschlags im Mittelmeerraum beeinflussen. „In der Vergangenheit hat unter natürlichen Bedingungen ein Rückgang der Regenmenge um 40 bis 45 Prozent ausgereicht, um den plötzlichen Übergang von einer Wald- in eine Steppenlandschaft einzuläuten“, erklärt Dr. Koutsodendris. Diese Ergebnisse legen dem Heidelberger Geowissenschaftler zufolge nahe, dass den Wäldern des Mittelmeerraums eine solche Verwandlung schon in naher Zukunft bevorstehen könnte, wenn keine Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen werden.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Land Hessen im Rahmen der Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz und die Wilhelm-Schuler-Stiftung haben die Forschungsarbeiten gefördert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Originalpublikation
A. Koutsodendris, V. Dakos, W. J. Fletcher, M. Knipping, U. Kotthoff, A. M. Milner, U. C. Müller, S. Kaboth-Bahr, O. A. Kern, L. Kolb, P. Vakhrameeva, S. Wulf, K. Christanis, G. Schmiedl, J. Pross: Atmospheric CO2 forcing on Mediterranean biomes during the past 500 kyrs. Nature Communications 14, 1664 (25 March 2023)