„Kein Gegenwartsbild. Kein Zukunftsbild“. Metropolis als Allegorie einer „Erkenntnis“?

  • Termin in der Vergangenheit
  • Mittwoch, 15. November 2023, 18:00 Uhr
  • Gloria-Kino, Hauptstraße 146, 69117 Heidelberg
    • Prof. Dr. Henry Keazor, Universität Heidelberg, Institut für Europäische Kunstgeschichte
    • Dr. Alexandra Vinzenz, Universität Heidelberg, Institut für Europäische Kunstgeschichte

Fritz Langs und Thea von Harbous Metropolis (Deutschland, 1927) hat im Laufe der Zeit eine erstaunliche Bandbreite an sehr diversen Deutungen erfahren: Mal als missglückter, nur um Größe bemühter „Kolossalfilm“ geschmäht, wird er dann wieder auch als Meilenstein des Science-Fiction-Genres gewürdigt, während wiederum andere ihn u.a. als unausgegorenes Sammelsurium in den 1920er Jahren üblicher Filmtendenzen kritisieren. Von Harbou hat demgegenüber für den Stoff in der zeitgleich mit dem Film vorgelegten Romanfassung reklamiert, dass er weder ein Bild der Gegenwart, noch der Zukunft liefern, sondern die Allegorie einer „Erkenntnis“ veranschaulichen wolle. In dem Vortrag wird dieser Anspruch nachgezeichnet und kritisch diskutiert.

Künstlerische Darstellung, Stadt der Zukunft

Weitere Informationen und Eintritt

Filmvorführung mit Vortrag und Publikumsgespräch. Eine Veranstaltungsreihe des Instituts für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg in Kooperation mit dem Gloria-Kino Heidelberg. Konzeption und Organisation: Henry Keazor und Alexandra Vinzenz.

Eintrittspreis: 9 Euro (regulär) | 8 Euro (ermäßigt) | 6 Euro (Studierende)

Alle Termine der Veranstaltung 'Konstruktionen der Zukunft: Gesellschaftsvisionen zwischen Utopie und Dystopie'

Science-Fiction kann als ein Genre verstanden werden, bei dem im Gewand der Zukunft auch und gerade Probleme der jeweiligen Gegenwart verhandelt werden. Diese können entweder in Form von Utopien konterkariert oder aber in Dystopien fortgesponnen und zugespitzt werden. Der Architektur kommt dabei häufig die Aufgabe zu, Signale zu setzen, indem sie zum Beispiel ebenso von technischem Fortschritt und Wohlstand wie von sich anbahnenden oder bereits stattgefundenen Katastrophen kündet. Als besonders interessant erweisen sich dabei Filme, in denen diese Signalfunktion genutzt wird, um Differenzen zwischen Schein und Sein aufzuwerfen: Was auf den ersten Blick wünschenswert erscheint, offenbart im weiteren Verlauf eventuell Abgründe. Die gezeigten Bauten sind dabei nicht selten architektonische Reflexe der jeweiligen Entstehungsgegenwart der Erzählungen. Daher ist es aufschlussreich, sich die gehegten Erwartungen und Ziele dieser Vorbilder im Hinblick auf die dort lebende Gesellschaft zu vergegenwärtigen – und sich anzuschauen, wie sie nun im konkreten Fall des Films verwendet und damit auch gedeutet werden.

Der Eröffnungsfilm der Reihe, Fritz Langs Metropolis (1927), einer der frühen Klassiker des Genres, ist hierfür ein prägnantes Beispiel. Wie sehr dieser nachfolgende Klassiker – nicht nur im Hinblick auf die gezeigte visionäre Architektur – geprägt und inspiriert hat, wird an Ridley Scotts Blade Runner (1982) deutlich. Als in wiederum einem ganz anderen Ambiente angesiedelt gibt sich Franklin J. Schaffners Planet der Affen (1968), der – darin Scotts Film vergleichbar – im Laufe der Zeit sowohl Fortsetzungen wie auch Remakes erfuhr. Mit Mamoru Oshiis Ghost in the Shell (1995) findet sich eine für das Thema ebenfalls sehr wichtige Gattung, der japanische Animé in der Filmreihe vertreten – Regisseur und Designer des Films gaben beide zu Protokoll, dass sie sich bei der Gestaltung der Schauplätze am modernen Hong Kong orientiert hätten. Mit Steven Spielbergs Minority Report (2002) schließt die Reihe. Für den Film wurde vorab eigens ein 80-seitiges Handbuch verfasst, in dem sich alle als relevant erachteten Aspekte der zu zeigenden Zukunft festgelegt fanden, um hier ein in sich stimmiges Bild zeichnen zu können: In den Katalog aufgenommen wurden architektonische, sozioökonomische, politische und technologische Gesichtspunkte, was noch einmal die enge Verzahnung dieser Parameter in der Science-Fiction zeigt.

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