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Andreas Hofmann Das Große Ganze im Blick

Speerwerfer Andreas Hofmann studiert Sportwissenschaften an der Universität Heidelberg

Für Andreas Hofmann war es die erfolgreichste Saison seiner Karriere: 2018 feierte der Speerwerfer nationale und internationale Erfolge, stellte eine neue persönliche Bestleistung auf und katapultierte den Speer mehrfach über die 90-Meter-Marke. Auch sein Studium an der Universität Heidelberg will er in diesem Wintersemester erfolgreich mit der Bachelorarbeit abschließen.

Wenn Andreas Hofmann auf die Speerwurf-Saison zurückblickt, fällt es ihm schwer, seinen schönsten Moment auszumachen. „Die ganze Saison war mein Highlight“, erzählt er und lacht befreit. In den vergangenen Monaten war der 26-Jährige zu jedem Wettkampfhöhepunkt topfit, wurde Deutscher Meister, holte die Silbermedaille bei der Leichtathletik-EM und gewann die prestigeträchtige Diamond-League-Serie. Der Sportler hat sich zu einem stabilen Werfer entwickelt und sich so nicht nur im starken deutschen Team, sondern auch in der Weltspitze etabliert. Doch bis dahin war es ein langer Weg.

Dass Andreas Hofmann großes Talent für das Speerwerfen mitbringt, war früh klar, doch warfen ihn Verletzungen immer wieder in seiner Entwicklung zurück. Manch ein Verantwortlicher im Deutschen Leichtathletik-Verband schrieb ihn gar schon ab. „Klar lässt man sich davon als junger Mensch auch beeinflussen, aber mein Trainer und meine Familie haben mir starken Rückhalt gegeben“, so der Sportler. Auf dem Weg in die Weltspitze haben ihm auch sein Ehrgeiz und seine Motivation geholfen: „Ich wollte immer etwas erreichen, habe mir die Ziele, die ich mir bereits als Jugendlicher gesteckt hatte, wieder und wieder vor Augen geführt und jeden Tag als neue Chance begriffen.“ Einen Plan B gab es für Andreas Hofmann nicht. „Als Kind habe ich mich zwar im Fußball versucht“, erzählt er. „Doch für diesen Sport fehlt mir einfach die konditionelle Ausdauer. Auch im Handball müsste ich wahrscheinlich alle zwei Minuten ausgewechselt werden.“

Andreas Hofmann

Die Dozenten verstehen meine Situation und helfen, Lösungen zu finden. Das bedeutet aber nicht, dass sie mich durch Prüfungen winken, weil ich Leistungssportler bin.

Andreas Hofmann

Dass es ihm an Durchhaltevermögen dennoch nicht mangelt, beweist Andreas Hofmann in seinem Studium der Sportwissenschaften an der Ruperto Carola. Ausbildung und Spitzensport unter einen Hut zu bekommen fiel ihm zunächst nicht leicht, das gibt er offen zu. „Im ersten Semester war mein Stundenplan so voll, dass ich das Training habe schleifen lassen“, erzählt er. „Von Semester zu Semester habe ich dann aber immer besser verstanden, wie das Studium funktioniert. Klar muss man auch Abstriche machen und Opfer bringen, aber alles in allem können Studium und Sport gut nebeneinander laufen.“ Sein Arbeitspensum bewältigt Andreas Hofmann im Halbjahresrhythmus: Im Sommer stehen hauptsächlich Wettkämpfe rund um den Globus auf dem Programm, im Winter widmet er sich vor allem dem Grundlagentraining und seinen Vorlesungen. Unterstützung erhält er dabei nicht nur durch das Spitzensportstipendium Metropolregion Rhein-Neckar, sondern auch durch seine Dozenten. „Am Institut für Sport und Sportwissenschaft sowie am Olympiastützpunkt in Heidelberg habe ich immer ein offenes Ohr für meine Anliegen gefunden“, so der Speerwerfer. „Die Dozenten verstehen meine Situation und helfen, individuelle Lösungen zu finden. Das bedeutet aber nicht, dass sie mich durch die Prüfungen winken, weil ich Leistungssportler bin.“

Andreas Hofmann hat seinen ganz persönlichen Lebensrhythmus gefunden, verfolgt seine Ziele konsequent. Ein „Haudrauf-Typ“ ist er trotzdem nicht. Mit Kraft allein ist im Speerwerfen nichts zu erreichen. Über die Jahre hat der Sportler gelernt, in sich hineinzuhören, die Signale seines Körpers wahrzunehmen und sich eine Auszeit zu nehmen, bevor die Belastung zu groß wird und eine Verletzung droht. „Ich sehe immer das große Ganze, reflektiere jede Kleinigkeit – sowohl wenn die Leistung stimmt als auch wenn sie nicht stimmt“, erzählt der 26-Jährige. So hat er sich zu der Person entwickelt, die er heute ist – im Sport ebenso wie im Privaten. Zum „großen Ganzen“ gehört für Andreas Hofmann auch die Sicherheit eines stabilen Umfeldes: der Rückhalt durch seinen langjährigen Trainer Lutz Klemm, seine Familie und Freunde. Heimatverbundenheit und Vertrauen sind ihm wichtig. „Ich bin froh, in der Metropolregion Rhein-Neckar zu leben – zwischen Mannheim, Heidelberg und meinem Wohnort Waghäusel-Kirrlach. Hier bin ich nicht nur aufgewachsen, sondern auch weitergewachsen.“

Das ist etwas, das ich gerne mache – nicht nur den Sport zu vermitteln, sondern auch die Werte, die man durch den Sport erlangen kann und die man im Leben braucht.

Andreas Hofmann

Von der Unterstützung, die er selbst erfahren hat, will Andreas Hofmann etwas weitergeben. Vor allem mit sportbegeisterten Kindern in Kontakt zu kommen, seine Erfahrungen und sein Wissen zu teilen, ist ihm ein Anliegen. Seine Vorbildfunktion nutzt er unter anderem, um Nachwuchssportlern deutlich zu machen, wie wichtig neben dem Training auch eine fundierte Ausbildung ist. „Wenn ein Sportler, der schon Medaillen gewonnen hat, so etwas sagt, hören die Kids ganz anders zu, als wenn ein Vater, eine Mutter oder ein Trainer mit ihnen spricht“, ist Andreas Hofmann überzeugt und resümiert: „Das ist etwas, das ich gerne mache – nicht nur den Sport zu vermitteln, sondern auch die Werte, die man durch den Sport erlangen kann und die man im Leben braucht.“

Auch mit seiner eigenen Entwicklung ist Andreas Hofmann noch nicht am Ende. „In mir schlummert noch mehr, als ich in dieser Saison gezeigt habe. Ich glaube, meine jetzige Bestleistung ist noch nicht das Ende. Da kommt noch was“, ist sich der Sportler sicher. Auf seinem Weg zu den nächsten Olympischen Spielen behält er das große Ganze weiterhin fest im Blick. Damit ihm 2020 in Tokio der ganz große Wurf gelingt.

 

Dieser Artikel ist im UNISPIEGEL 2/2018 (Seite 9) erschienen.

Zur Person

Bei der diesjährigen Leichtathletik-EM in Berlin gewann Andreas Hofmann die Silbermedaille im Speerwerfen. Der 26-Jährige ist auch amtierender Deutscher Meister in dieser Disziplin. Mit 92,06 Metern stellte er in dieser Saison eine neue persönliche Bestweite auf, die er mit mehreren Würfen über die 90-Meter-Marke bestätigte. Im September dieses Jahres gewann der Sportler die Diamond League, eine prestigeträchtige Serie von Leichtathletik-Meetings mit internationaler Beteiligung. Im vergangenen Jahr holte Andreas Hofmann die Silbermedaille im Speerwerfen bei der Universiade in Taipeh (Taiwan) und wurde Vierter bei der Hallen-DM im Kugelstoßen.