Theresa Lanzl Beziehung auf Augenhöhe
Coaching für Hauptschüler: Die Jurastudentin Theresa Lanzl engagiert sich bei der Initiative »Rock Your Life!«
Theresa Lanzl, Jurastudentin an der Universität Heidelberg, und Alina T.*, Hauptschülerin an der Heidelberger Waldparkschule, haben sich beim »Speed-Dating« im Rahmen eines Kennenlernspiels der Initiative »Rock Your Life!« kennengelernt. Fünf Minuten saßen sich die 22-Jährige und die 15-Jährige beim sogenannten »Matching« gegenüber – eine Begegnung im Zeitraffer. Anschließend wählte Alina Theresa als ihren Coach aus. Seitdem arbeiten die beiden gemeinsam an der Zukunft der Schülerin.
Mit 15 Jahren bereits einen Beruf wählen? Theresa Lanzl findet, dass Hauptschülern mit dieser Entscheidung sehr viel abverlangt wird. »Ich selber habe in diesem Alter noch nicht gewusst, was ich beruflich machen will.« Auch nach dem Abitur war sie sich nicht sicher – Studium, das ja, aber welches Fach? Von ihrer Heimatstadt Memmingen zog es sie zunächst ins Ausland: Erfahrungen sammeln, eine neue Sprache lernen. Sie buchte einen Flug nach Santiago de Chile und einen zehnwöchigen Spanisch Kurs, den Rückflug sechs Monate später. Für die Zeit dazwischen hatte sie keine konkreten Pläne. Sie reiste durch Chile, Argentinien und Bolivien und schließlich nach Peru, wo sie in den letzten Wochen vor ihrer Rückkehr in einem Heim für Straßenkinder arbeitete. »Vor meinem ersten Arbeitstag dort hatte ich großen Respekt«, erinnert sich Theresa Lanzl, »ich hatte keine Ahnung, wie die Kinder auf mich reagieren werden.« Die Sorgen jedoch waren unbegründet, das Eis brach schon in den ersten Sekunden: »Hallo Freundin« und eine spontane Umarmung der Kinder – »die Begrüßung war so extrem positiv, dass die Aufregung sofort verflogen war.«
Wir wollen keinen Druck aufbauen, nicht zu einem zusätzlichen Stressfaktor werden, ›Rock Your Life!‹ soll Spaß machen, den Schülern ebenso wie uns.
Theresa Lanzl
Die Lust auf neue Erlebnisse, auf Begegnungen außerhalb der »Komfortzone« hat sich bei Theresa Lanzl nach dieser Erfahrung gefestigt. Im Herbst vergangenen Jahres, zu Beginn des dritten Semesters ihres Jurastudiums, entschloss sie sich, bei »Rock Your Life!« mitzumachen – einer Initiative, die für mehr Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und Integration einsteht. Damit hat sich die 21-Jährige für mindestens zwei Jahre verpflichtet. In dieser Zeit wird sie ihre »Mentee« Alina begleiten – zwei Jahre, in denen es darum geht, die Weichen für Alinas Zukunft zu stellen, ihr aber auch als Freundin zur Seite zu stehen. »Wir wollen keinen Druck aufbauen, nicht zu einem zusätzlichen Stressfaktor werden, ›Rock Your Life!‹ soll Spaß machen, den Schülern ebenso wie uns«, erklärt Theresa Lanzl. Mal gehen die beiden ins Kino, mal treffen sie sich in einem Café oder auf den Neckarwiesen, auch bei der Studentin zu Hause waren sie schon. Demnächst wird Theresa Alinas Familie kennenlernen.
Sie selbst sei »sehr unbeschwert« aufgewachsen, sagt Theresa Lanzl. »Für mich war es immer selbstverständlich, dass ich Abitur mache und anschließend studiere.« Alinas Familie kommt aus dem Libanon, sie wächst mit zwei ihrer Geschwister bei der Mutter auf. Theresa und Alina trennen sechs Jahre Altersunterschied.
»Trotzdem begegnen wir uns auf Augenhöhe [...] die anfänglichen Berührungsängste haben sich schnell gelegt und ich bewundere, wie offen Alina ist.«
Theresa Lanzl
Beispielsweise erzähle die 15Jährige ihr viel über ihre Religion, den Islam, und stelle sich gleichzeitig allen ihren Fragen hierzu. »Durch sie komme ich in Kontakt mit einem anderen Weltbild«, so Lanzl.
Dass es zwischen den beiden von Anfang an so gut funktioniert hat, liegt auch an den klaren Erwartungen, die Alina an ihre Coaching-Beziehung hat. Theresa soll ihr bei Bewerbungen für Praktika helfen und auf dem Weg zum Abitur. Das ist Alinas großes Ziel. Die nächsten zwei Jahre werden zeigen, wie ernst es ihr damit ist und ob der Sprung zur weiterführenden Schule realisierbar ist. »Ich wünsche ihr von ganzem Herzen, dass sie ihr Ziel erreicht«, sagt Theresia Lanzl – und wird Alina dabei, so gut es geht, unterstützen.
Dieser Artikel ist im UNISPIEGEL 2/2014 (Seite 6) erschienen.
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