Corinna Hochdörfer Gnadenlos – an der Platte
Die Heidelberger Studentin Corinna Hochdörfer spielt Para-Tischtennis auf internationalem Niveau
(uvf) Mit einem harten und schnellen Rückschlagspiel setzt Corinna Hochdörfer ihre Gegnerinnen unter Druck. So hat sich die Para-Tischtennisspielerin auf Platz 14 der Weltrangliste vorgearbeitet. Das große Ziel der Heidelberger Sportstudentin ist die Qualifikation für die nächsten Paralympics. Fürs Erste allerdings wäre sie froh, überhaupt wieder trainieren zu können.
Als »gnadenlose Athletin an der Platte« – so wird Corinna Hochdörfer auf den Webseiten des Projekts »Team Tokio« der Metropolregion Rhein-Neckar beschrieben. Das Projekt fördert Spitzensportlerinnen und -sportler bei ihrer Qualifikation für die Olympischen oder Paralympischen Spiele. Corinna Hochdörfer lacht, wenn sie diese Beschreibung hört. »Ich kann gnadenlos sein, das stimmt«, gibt sie zu, »allerdings nur im Wettkampf.«
Mit zwölf Jahren hielt Corinna zum ersten Mal einen Tischtennisschläger in der Hand. Kurz zuvor war sie aufs Gymnasium gewechselt, und auf dem Schulhof standen mehrere Platten, die in den großen Pausen von den Schülerinnen und Schülern zum Rundlauf genutzt wurden. »Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mehr davon wollte.« Wenig später trat sie ihrem Heimatverein bei, dem TTC Oppau in Ludwigshafen, in dem sie bis heute spielt.
Ich war von klein auf sportbegeistert. Beim Tischtennis konnte ich am besten mithalten. Ohne Sonderrolle
Corinna Hochdörfer
Der Vorteil beim Tischtennis, so die 24-Jährige: Jeder könne gegen jeden antreten – alt gegen jung, Frau gegen Mann und eben auch ein Spieler ohne gegen einen Spieler mit Handicap. »Ich war von klein auf sportbegeistert und hatte schon andere Disziplinen ausprobiert, Judo und Leichtathletik zum Beispiel, aber beim Tischtennis konnte ich am besten mithalten. Ohne Sonderrolle, ganz normal eben.«
Normalität – ein Zustand, der für Corinna Hochdörfer schwer zu erreichen ist. Schon als Kind macht sie die Erfahrung, anders zu sein. Aufgrund einer Hirnblutung während der Geburt kommt sie mit einer linksseitigen Zerebralparese zur Welt: Ihr linker Arm ist gelähmt, und die Bewegungen des linken Beines sind deutlich eingeschränkt. Beim Tischtennis aber macht diese Behinderung kaum einen Unterschied. Bis heute tritt Corinna bei Turnieren auf Landesebene gegen Konkurrenten ohne Handicap an.
Wie genau sie zum Behindertensport gekommen ist, daran kann sich die Sportstudentin kaum mehr erinnern: »Irgendwann bin ich zu den Landesmeisterschaften eingeladen worden.« Und ab da ging es steil bergauf. Mit 15 Jahren tritt Corinna Hochdörfer bei ihrer ersten Deutschen Meisterschaft im Jugendbereich an und gewinnt hier in den Folgejahren mehrere Titel. Mit 19 wird sie erstmals Deutsche Meisterin in der Erwachsenen-Konkurrenz und im selben Jahr vom Bundestrainer für die Europäische Meisterschaft nominiert. Ihr größter bisheriger Erfolg: der EM-Titel im Team-Wettbewerb, den sie 2017 mit zwei Mitspielerinnen erringt.
Auf die Frage, was ihr Spiel kennzeichne, antwortet die Tischtennisspielerin: »Ich stehe nahe an der Platte, weil meine Beinarbeit nicht optimal ist. Bei längeren Ballwechseln gerate ich ins Hintertreffen.« Mit scharf geschnittenen Bällen versucht Corinna daher, ihre Gegnerinnen möglichst schnell unter Druck zu setzen. »Und natürlich nutze ich auch die Schwächen meiner Konkurrentinnen aus – so wie sie meine ausnutzen. Das spielt im Behindertensport sicher noch eine größere Rolle als unter Regelsportlern.« Ihre nächsten Ziele: sich durch weitere Weltcupsiege in der Weltrangliste unter die Top 10 vorzuarbeiten. »Natürlich würde ich mich zudem gerne für die Paralympics qualifizieren. Wegen der starken Konkurrenz aber dürfte das schwer werden. Da bin ich Realistin.«
Das Sportstudium war schon immer ein Wunsch von mir
Corinna Hochdörfer
An erster Stelle steht aktuell der Wunsch, überhaupt wieder trainieren zu können. Seit Oktober letzten Jahres sind die Hallen wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Folglich konzentriert sich Corinna Hochdörfer vorerst ausschließlich auf ihr Studium, auch wenn das derzeit ebenfalls mit Kompromissen verbunden ist. Ihr Highlight seien die zwei Sportkurse, die sie unter strengen Hygieneauflagen jede Woche in Präsenz absolvieren dürfe. Die 24-Jährige ist die derzeit einzige Sportstudentin mit Handicap an der Universität Heidelberg, aber auch hier ist es ihr wichtig, keine Sonderrolle einzunehmen. »Das Sportstudium war schon immer ein Wunsch von mir. Ich bin sehr froh, dass ich diesen ohne viele Ausnahmeregelungen umsetzen kann.«
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