Forschungsprojekte des Ägyptologischen Instituts
Projekttitel: Phänomenologie und Semantik der altägyptischen Trauersitte
Mitarbeiter: Dr. Andrea Kucharek
Förderung: Das Forschungsprojekt wird von der Gerda Henkel Stiftung im Rahmen eines Forschungsstipendiums finanziert
Das umfangreiche und über zahlreiche Quellengattungen verstreute Material zur Trauersitte im alten Ägypten wird erstmals systematisch erfaßt und ausgewertet. In chronologischer und geographischer Differenzierung werden die Erscheinungsformen der Trauersitte beschrieben und hinsichtlich der ihr kulturimmanent zugeschriebenen Funktionen analysiert.
Während des zwischen Tod und Beisetzung liegenden Zeitraums von üblicherweise 70 Tagen befolgte die Familie eines Verstorbenen bestimmte, als "Trauersitte" zu benennende Verhaltensweisen. Bilder und Texte lassen auf ein sehr expressives Gebaren schließen. Zu den körperzentrierten Formen tritt die verbalisierte Trauer, die Totenklage. Aus ihr geht hervor, daß die Klage der Witwe eine totale Negierung des Jenseitsglaubens kennt. Dies bildet für das ägyptische Denken keinen Widerspruch dazu, daß Traueräußerungen, zu "Verklärungen" umgedeutet, auch transzendente Wirkung entfalten konnten und so dem Verstorbenen zugute kamen. Diesen Aspekt teilte sich die Trauersitte mit den Totenriten, weswegen eine komparative Analyse dieser beiden Hauptelemente der altägyptischen Funeralien Bestandteil der geplanten Studie sein wird.
Tod und Jenseits nahmen im altägyptischen Denken eine zentrale Rolle ein. Das Projekt wird im Ergebnis einen bedeutenden Aspekt des Umgangs mit dem Tod und den Verstorbenen transparent machen. Im Zuge des verstärkten Forschungsinteresses am Thema wird die Studie nicht nur der ägyptologischen, sondern auch der interdisziplinären Forschung zugute kommen.