Ramessidische Beamtengräber in der Thebanischen Nekropole

Das Ramessidenprojekt
TT 183 - Das Grab des Nebsumenu
TT 157 - Das Grab des Nebwenenef
TT 157 - Architektur und Dekoration
TT 157 - Die Person des Grabherrn Nebwenenef
TT 157 - Spätere Nutzung des Grabes als Bestattungsplatz
TT 157 - Das Grab des Nebwenenef als Wohnort
Weiterführende Literatur

Projekttitel: Ramessidische Beamtengräber in der Thebanischen Nekropole
Projektleiter: Prof. Dr. Dr. h. c. Jan Assmann (2005-2010 auch Prof. H.-W. Fischer-Elfert)
Wiss. Mitarbeiter: Prof.Dr. E. Feucht, Dr. K.-J. Seyfried, Prof. Dr. F. Seyfried, Dr. E. Hofmann, Dr. S. Kubisch
Fotografin: Dr. E. Hofmann
Finanzielle Förderung: DFG, Max-Planck-Forschungspreis für Internationale Kooperation,
Förderungszeitraum: 1978-2001; 2005-2010

Das Ramessidenprojekt


Für insgesamt fast 30 Jahre war das Heidelberger Ägyptologische Institut bei der Erhaltung und Dokumentation der dekorierten, vom Verfall bedrohten Beamtengräber der Ramessidenzeit (13. - 12. Jh. v. Chr.) in der thebanischen Beamtennekropole mitbeteiligt. Dies geschah unter der Leitung von Prof. Jan Assmann und Dr. Karl-Joachim Seyfried im Rahmen des sog. Ramessidenprojektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wurde. Für die Jahre 2005-2010 und damit die Ausgrabung des Grabes des Nebwenenef (TT 157) ergab sich eine Zusammenarbeit mit der University of Pennsylvania, Philadelphia und mit dem Ägyptologischen Institut der Universität Leipzig. Der ägyptischen Altertümerverwaltung (SCA), stellvertretend ihrem Präsidenten, sowie dem "Hohen Komitee" verdanken wir die freundlich gewährte Arbeitserlaubnis.

Abb.jpg

Die Gräber dieser Zeit waren bisher so gut wie unpubliziert und galten als inhaltlich unergiebig und stilistisch dekadent. Hier war ein wissenschaftliches Vorurteil zu revidieren, stellen die thebanischen Gräber doch Quellen ersten Ranges für die ägyptische Religionsgeschichte dar.
Nach dem Abschluß der Publikations- bzw. Dokumentationsarbeiten an den thebanischen Gräbern des Nefer-secheru (TT 296), Amenemope (TT 41, Abb. 1), Amenmose (TT 373), Paenkhenemu (TT 68), Djehutiemhab (TT 194), Neferhotep (TT 257), Neferrenpet (TT 178), Paser (TT 106), Nedjemger und Hori (TT 138 und 259) sowie des Parennefer (-162-) wurde im Oktober 1998 mit der Aufnahme des Grabes des Nebsumenu (TT 183) begonnen und nach 3 Kampagnen nahezu abgeschlossen. Die Aufnahme wurde hauptsächlich durch den Max-Planck-Forschungspreis, der 1996 an Jan Assmann und Mohammed Saleh verliehen wurde, finanziert.

Die Basis des Projektes bildet das sog. Theben-Archiv, in dem alle bekannten Informationen über die thebanischen Gräber zusammengetragen werden und das mittlerweile einen wohl einmaligen Fundus an Fotos und Informationen bietet.

Abb. 1: Darstellung des Amenemope (TT 41)
(Foto E. Hofmann)

 

 

TT 183 - Das Grab des Nebsumenu

Das Grab des "Großen Vermögensverwalters des Herrn der beiden Länder" namens Nebsumenu (TT 183) ist am Fuße des Hügels von el-Khokha gelegenen und datiert in die zweite Hälfte der Regierungszeit Ramses' II.

 
1 Grundriss
Abb. 2: Grundrißskizze des Grabes TT 183 und der umliegenden Anlagen

 

 

2 Montage Die Ausgrabung des Vorhofes des Grabes trifft auf die bekannte Problematik, die eine teilweise dicht besiedelte Nekropole naturgemäß mit sich bringt. Wie aus der Grundrißskizze (Abb. 2) hervorgeht, befindet sich über der südöstlichen Ecke des Vorhofes ein größerer moderner Häuserkomplex. Durch dieses Wohnhaus war es nur teilweise möglich, den Vorhof freizulegen. So kann vorläufig über das ungewöhnliche Dekorationsprogramm der Vorhofwände keine endgültige Aussage gemacht werden. Dies ist um so bedauerlicher, da im thebanischen Raum nur noch selten Hofdekoration bei Privatgräbern erhalten ist. Des weiteren konnte eine umlaufende Pfeilerstellung, die sich an die aus dem anstehenden Gestein gewonnene Portikusstellung der Grabfront anschließt, festgestellt werden. Einige dieser Pfeiler dürften an ihrer Schauseite und innerhalb eines Rücksprunges eine halbplastisch gearbeitete, fast lebensgroße Darstellung des Grabherrn im Gebetsgestus aufgewiesen haben. Die Photomontage (Abb. 3) soll eine Vorstellung von solch einer Pfeilerfrontplastik vermitteln.
Abb. 3: Fotomontage einer Pfeilerfrontstatue (E. Hofmann)  
 
Die Architektur der Grabinnenräume weist keine Besonderheiten auf. Die Anlage besteht aus einer etwa 8 m breiten Querhalle, einer etwa 11 m langen Längshalle und einer Kapelle. Bei der Freilegung der Innenräume ergab sich allerdings eine überraschende Problematik. Schon bei der Reinigung der Längshalle stießen wir auf eine Treppenkonstruktion, die fast die gesamte Dekorationsfläche der nördlichen Längswand durchbricht. Diese Treppenanlage (Abb. 4) führt von der Decke in der Nordostecke der Längshalle - schräg zur Grabachse verlaufend - auf das Bodenniveau dieses Raumes, um sich dann in dessen Boden und am Anfang der anschließenden Kapelle in die Tiefe fortzusetzen (doppelt gestrichelte Linie in Abb. 2). Demnach wurde bei den Ausbrucharbeiten zur Längshalle die unterirdische Anlage eines älteren, höher gelegenen Grabes angeschnitten, und der Boden mußte planiert sowie die Wand mit Flicksteinen aufgemauert werden. Auf die Fortsetzung dieses Treppenabstieges stießen wir bei der Freilegung der ramessidischen Sloping-passage, deren Zugang sich im ersten Drittel der südlichen Kapellenwand befindet. Ein kurzer Gang knickt nach etwa 2 m nach Westen ab, führt schräg nach unten in die Tiefe und trifft nach etwa 5-6 m auf einen horizontal geführten Quergang der älteren Anlage. Mit diesem Zusammentreffen der beiden "Unterwelten" sind die baulichen Aktivitäten des Nebsumenu in diesem Grababschnitt offensichtlich beendet, und der Grabherr nutzte die weiter folgenden älteren Gänge und Räume für seine eigene Bestattungsanlage. Daß Nebsumenu und seine Gattin Baket-Mut diesen Teil des Grabes tatsächlich selbst genutzt haben, wird einerseits durch mehrere beschriftete Artefakte in der Sargkammer, andererseits durch dekorierte Türrahmenfragmente aus Kalk- und Sandstein, die aus der unterirdischen Passage stammen, mehr als wahrscheinlich. 3 Treppe
  Abb. 4: Treppenanlage, die den Langraum von TT 183 schneidet (Foto E. Hofmann)

Neben der zum Teil noch sehr gut erhaltenen Reliefdekoration (Abb. 5) der Wände ist vor allem die außergewöhnliche Deckenbemalung zu erwähnen (Abb. 6). Sie besteht nicht, wie sonst üblich, aus ornamentalen oder floralen Mustern, sondern aus Texten und zahlreichen Vignetten aus dem Totenbuch, die von Dr. Mohammed Saleh bearbeitet werden. Die Ausstattung der Decke mit diesen Szenen und Texten ist nicht völlig einmalig, in dieser Fülle an Bildern und in dieser Qualität aber außergewöhnlich.

4 Nebsumenu 5 Decke
Abb. 5: Reliefbeispiel (Foto E. Hofmann) Abb. 6: Beispiel für die Deckendekoration (Foto E. Hofmann)

 

Die zu einem unbekannten Zeitpunkt erfolgte partielle Reinigung der Grabanlage ließ keine besonderen Funde erwarten. Dennoch ergaben sich aus dem üblichen "Nekropolenschutt" noch einige interessante Beobachtungen. Neben einer großen Anzahl von dekorierten Kalk- und Sandsteinfragmenten, die größtenteils zu den Hofwänden und den aufgemauerten Pfeilern des Hofes gehören, fand sich im Gemenge der kurz und klein geschlagenen Bestattungsreste aus der Spätzeit auch eine beachtliche Anzahl von Mumienbinden mit Schrift- und Dekorationsresten. Ein weiteres Objekt, das aufgrund seiner weitgehenden Vollständigkeit und seiner Datierung von besonderem Interesse ist, soll nicht unerwähnt bleiben: Aus einem Schacht im Vorhof, der erkennbar nicht zur Anlage des Nebsumenu gehört, stammen die Scherben eines nahezu vollständig rekonstruierbaren Eingeweidegefäßes mit einem dazu passenden und kaum beschädigten, anthropomorphen Verschluß (Abb. 7). Dieser fand sich auf dem Kopf stehend, mit dem Gesicht zur Raumwand ausgerichtet - und daher wohl von Plünderern zur späteren Mitnahme dort deponiert - am Übergang der Schachtsohle zum anschließenden Bestattungstrakt. Eine stilistische Datierung dieses Objektes weist auf die 18. Dynastie und dürfte mitsamt den angesprochenen Schachtanlagen ein weiteres Indiz für die in diesem Bereich während der Ramessidenzeit beeinträchtigten bzw. teilweise beseitigten Grabanlagen der vorangegangenen Dynastie darstellen. 6 Kanope
  Abb. 7: Eingeweidegefäß aus der 18. Dynastie (Foto E. Hofmann)


Von einer oberirdischen Anlage, die in Form einer Ziegelpyramide zu erwarten wäre, konnten wir bisher nicht die geringsten Spuren feststellen. Sie könnte direkt über der Grabanlage oder aber in weiterer Entfernung am steileren Hang des Khokha-Hügels gelegen haben.


Ein besonderes Merkmal dieses Grabes soll zum Schluß noch erwähnt werden, und dies ist der Name des Grabes. Nur ein einziges weiteres Grab der thebanischen Nekropole besitzt ebenfalls einen Eigennamen, es ist also eine seltene Besonderheit. Die entsprechende Textstelle lautet folgendermaßen: "Die Grabanlage des Osiris, des Festleiters Nebsumenu, gerechtfertigt, - Amun hat sie (i.e. die Grabanlage) gegeben -, ist ihr schöner Name". Die Bezeichnung des Grabes als ein "Geschenk des Amun" zeigt überdeutlich die unmittelbare Gottesnähe des Individuums, das keiner königlichen oder priesterlichen Vermittlung mehr bedarf. Der Schritt vom loyalen Gefolgsmann, dessen Ergebenheit der König durch seine göttliche Gnade und Gunst belohnt, zu einem allein aufgrund seiner Taten und persönlichen Eigenschaften vor dem Totengericht "Gerechtfertigten" könnte kaum deutlicher sein.

 

TT 157 - Das Grab des Newenenef

Abb.jpg Das letzte Grab, das vom Ramessidenprojekt bearbeitet wurde, war das größte ramessidische Privatgrab auf dem thebanischen Westufer des Nil in Oberägypten (Abb. 8) – das Grab des Hohepriesters des Amun Neb-wenenef (TT 157). Das Grab ist in Dra’ Abu el-Naga-Süd gelegen, nicht weit entfernt vom Tempel der Hatshepsut in Deir el-Bahari und oberhalb des modernen Dorfes Dra' Abu el-Naga (Abb. 9). Es war eines der reichhaltigsten und interessantesten Gräber, allerdings blieb dessen Tür dem Ramessidenprojekt lange Zeit verschlossen. Die Grabungskonzession für dieses und weitere Gräber in dieser Gegend hatte die University of Pennsylvania inne, die dort 1967 unter der Leitung von Lanny Bell die Grabungs- und Dokumentationsarbeiten aufnahm. Nach nur vier Kampagnen wurde die Grabungstätigkeit in Dra Abu el-Naga Süd beendet, die Konzession blieb jedoch bei der der Pennsylvania University, Philadelphia. Erst 2001 konnte das Ramessidenprojekt eine Zusammenarbeit mit dieser vereinbaren.
 
Abb. 8: Grab des Nebwenenef (TT 157), Ansicht (Foto E. Hofmann)  
Abb.jpg
Abb. 9: Karte von Dra' Abu el-Naga (nach: F. Kampp, Die thebanische Nekropole, Theben XIII)

Im Oktober 2002 fand ein Survey statt, bei dem das Grab besichtigt und der Zeitaufwand, die zu bewegenden Schuttmengen sowie das benötigte Material geschätzt wurden  (Abb. 10). Anhand dieser Planungen erfolgte ein Forschungsantrag bei der DFG, nach dessen Bewilligung die Grabungsarbeiten von Angehörigen der Universitäten Heidelberg und Leipzig fortgesetzt und inzwischen beendet werden konnten (Abb. 11).

Abb.jpg Abb.jpg
Abb. 10: Survey im Jahr 2002 (Foto S. Kubisch) Abb. 11: Grabungsteam der Kampagne 2008 (Foto E. Hofmann)

Durch die moderne Überbauung des Geländes bzw. die Abtragung dieser Wohngebäude in jüngster Zeit ergab sich als eine erste Aufgabe die Klärung der Vorhofsituation sowie die Lokalisation und Ausgrabung der Vorhofschächte. Außerdem waren die Innenräume und die weitläufige unterirdische Bestattungsanlage vom Schutt zu säubern. Die Grabungsarbeiten in den Innenräumen waren schon begonnen worden, die Querhalle, die Längshalle und die unterirdische Anlage waren schon etwa zur Hälfte ausgegraben.

Der zweite Arbeitskomplex bestand in der zeichnerischen Dokumentation der Wanddekoration – ein anspruchsvolles Unterfangen, da die Dekoration zwar von hoher Qualität war, in der Vergangenheit aber bereits etliche Zerstörungen erfahren hat. Zum Teil sind deutliche Beraubungsspuren sichtbar (Abb. 12). Die Stuckreliefs sind sehr in Mitleidenschaft gezogen, große Teile sind komplett abgefallen, als die Gegend durch ein Erdbeben stark erschüttert wurde. Zudem wurde das Grab in koptischer Zeit bewohnt und als Tierstall genutzt. D.h., die Wände sind zum einen durch den Ruß der Kochfeuer stark geschwärzt, zum anderen in den unteren Bereichen von den Haustieren (Ziegen, Esel, Schafe u.ä.) abgerieben.
 
Abb.jpg
  Abb. 12: Grab des Nebwenenef, Querhalle (Foto E. Hofmann)

 

 

Architektur und Dekoration des Grabes

Abb.jpg
Abb. 13: Plan der Anlage TT 157 (P. Collet)

(Abb. 13) Die Querhalle ist zweischiffig angelegt, ca. 30 Meter lang und 7 Meter breit. Die Decke wird durch eine Reihe von 12 Pfeilern gestützt. An den Schmalseiten der Querhalle wurden rechts und links der Pfeiler jeweils 2 Statuengruppen, bestehend aus Figuren des Grabherrn und seiner Gattin, aus dem Fels geschlagen (Abb. 14). Die Vorderseiten der Pfeiler waren ebenfalls gestaltet, sie zeigen den Grabherrn als Gott Osiris, als Halbstatuen ausgearbeitet (Abb. 15). Die Querhallenwände und die Pfeilerseiten wurden aufwendig mit feinem erhabenem und bemaltem Relief dekoriert, in den hinteren Bereichen, wo übrigens auch die Steinqualität deutlich schlechter ist, findet sich bemaltes Stuckrelief bzw. auf den Pfeilern nur Malerei. Auch die Decken waren sicher einst dekoriert, davon sind allerdings keine Spuren mehr erhalten.

Abb.jpg Abb.jpg
Abb. 14: Statuennische in der Querhalle (Foto E. Hofmann) Abb. 15: Osirispfeiler in der Querhalle (Foto E. Hofmann)

An die Querhalle schließt sich die Längshalle an. Sie wurde dreischiffig angelegt und durch 2 Reihen von je 6 Pfeilern gestützt. Im Gegensatz zur Querhalle sind die Wände der Längshalle mit detailreichen Malereien versehen worden. In der Längshalle und in der Kapelle wurden Wände und Pfeiler ausschließlich bemalt. Die unterirdische Anlage ist äußerst weitläufig. Nach einem mehrfach gewundenen und spiralförmig absteigenden Gang gelangt man in einen rechtwinkligen ebenen Gang, und von dort in eine Abstiegskammer mit Rampe für den Sarkophag (Abb. 16).

Abb.jpg Diese Rampe führt in eine unterirdische Pfeilerhalle mit 8 Pfeilern. Von der Pfeilerhalle geht es in eine weitere Kammer mit Tonnengewölbe, von der aus eine weitere Rampe in die Sargkammer führt. Die Sargkammer hat ein Kar-Kapellen-Dach, die Wände wurden mit kleinen Nischen versehen. In einer Vertiefung am Boden fanden wir den Boden eines Granitsarkophages, der zu den vielen hundert kleinen Fragmenten paßt, die wir während der Ausgrabung gefunden hatten. Die Inschriften auf dem Sarkophag weisen ihn als den des Nebwenenef aus. Weitere Hinweise auf die Bestattung sind Uschebtis mit dem Namen des Nebwenenef aus Ton und aus Fayence.
Abb. 16: Grab des Nebwenenef, unterirdische Anlage (Foto: E. Hofmann)  

In allen Teilen des Grabes finden wir Szenen, die sich auf die Bestattung des Nebwenenef beziehen (Abb. 17).

Abb.jpg
Abb.17: Grab des Nebwenenef, Bestattungszug in der Querhalle (Foto E. Hofmann)

Im Vorhof wurden an der Fassade Szenen des Mundöffnungsrituals angebracht, außerdem lassen einige Fragmente evtl. auch auf Szenen im Zusammenhang mit der Bestattung schließen. Weiterhin ist natürlich der Bestattungszug selbst abgebildet, der sich auf der Ostwand in der Querhalle befindet. Einen Ausschnitt aus dem Bestattungsritual, Räuchern und Libieren vor der Statue finden wir an der nördlichen Längswand der Längshalle.

 

Die Person des Grabherrn Nebwenenef

(Abb. 18) Als Hohepriester des Amun von Karnak bekleidete Nebwenenef eine der höchsten Stellungen im Ägypten des späten Neuen Reiches. Er war kein gebürtiger Thebaner, sondern stammte ursprünglich wohl aus Dendera. Dort übte er wie schon vor ihm sein Vater und nach ihm sein Sohn das Amt des Hohepriesters der Hathor von Dendera aus, bis Ramses II. ihn nach Theben holte und zum Hohepriester des Amun machte. Dieses Ereignis fand im 1. Regierungsjahr Ramses‘ II. statt, wie wir aus dem Amtseinsetzungstext im Grab wissen. Er führte die Prozessionen des Amun während der großen Götterfeste an und spielte eine entscheidende Rolle, wann immer Amun über ein Orakel um Hilfe gebeten wurde. Es ist leicht denkbar, daß er auf weitreichende Entscheidungen Ägypten betreffend Einfluß nehmen konnte. Seine große Bedeutung wird auch anhand der Größe und Ausstattung seiner Grabanlage sichtbar. Abb.jpg
  Abb. 18: Grab des Nebwenenef, Eingangslaibung (Foto E. Hofmann)

 

 

Spätere Nutzung des Grabes als Bestattungsplatz

Daß sich das Grab des Nebwenenef auch später noch großer Beliebtheit erfreute, zeigen Belege aus zwei Richtungen. Zum einen sind dies die Erwähnungen von TT 157 als Grab als ‚Neb-un‘ in einigen demotischen Papyri. Zum anderen die zahlreichen sekundären Bestattungen im Grab und im Hof. In der unterirdischen Anlage finden wir mehrere Räume und kleine Schächte, die aufgrund der Arbeitstechnik nicht zur Originalanlage gehören können. Außerdem fanden wir im Vorhof 5 bis zu 11 m tiefe Grabschächte, die ebenfalls nicht zur Originalbestattung gehören.


Der Inhalt dieser Schächte war vollkommen durchwühlt und zerstört. Wir fanden Kalksteinfragmente, die wahrscheinlich aus der Vorhofdekoration stammen und vielleicht bei einem Erdbeben oder bei Grabräubertätigkeiten in den Schacht gefallen sind. Außerdem Mumienreste, alle völlig zerschlagen und auseinandergerissen, wahrscheinlich auf der Suche nach wertvollen Objekten aus Gold oder nach Amuletten. Die Mumienbinden waren teilweise beschriftet, sowohl in Hieroglyphen, in Hieratisch und Demotisch. Außerdem fanden sich größere Fragmente von Leichentüchern, meist von Frauen. Die Sargfragmente lassen sich unterschiedlichen Typen und Zeitstufen zuordnen, soweit das aufgrund des fragmentarischen Zustandes möglich ist. Demnach wurden die Schächte bis weit in die ptolemäische, evtl. sogar bis in die römische Zeit benutzt. Darüber hinaus fanden sich auch Bruchstücke von kleinen Figuren und Möbelteilen, nur wenig Keramik, Uschebtis aus Ton, Holz und vor allem Fayence, Ostraka, wenige Metallobjekte, Perlen, Amulette oder Werkzeug, des weiteren auch rezente Fundstücke.

 

Das Grab des Nebwenenef als Wohnort

Abb.jpg In koptischer Zeit wurde das Grab nicht mehr nur als Bestattungsplatz benutzt, sondern auch bewohnt. Spuren der Wohnbebauung fanden sich sowohl im Inneren des Grabes als auch im Hof, so z.B. Reste von Feuerstellen überall im Grab, Strohreste, Zwiebelschalen und Dumnüsse, Ziegelmauern, Stalleinrichtungen in der Querhalle und in der Längshalle. Die Längshalle und der Ostteil der Nordhälfte wurden wohl als Tierstall benutzt, wie die Stroh- und Tierfutterreste, Urinspritzer und der Abrieb an den Wänden bezeugen. Den Ostteil der Südhälfte der Querhalle verwendete man offenbar als Speicherraum (Abb. 19).
Auch im Hof finden sich zahlreiche Einbauten aus koptischer Zeit. Man nutzte die dicke Vorhofmauer, die den 1. Hof im Osten begrenzte und setzte kleine Räume an diese an, ein großer Teil des Hofes wurde wiederum gepflastert. Außerdem fanden sich auch dort Speichergefäße, evtl. ein Webstuhl und Einrichtungen, deren Zweck sich uns bislang noch nicht erschließt (Abb. 20).
Abb. 19: Koptische Einbauten in der Querhalle (TT 157, Foto E. Hofmann)  
Abb.jpg
Abb. 20: Koptische Einbauten im Vorhof (TT 157, Foto E. Hofmann)

Für weiterführende Informationen zum Ramessidenprojekt siehe die Vorberichte in MDAIK 36, 1980, S. 23ff.; MDAIK 40, 1984, S. 265ff.; MDAIK 46, 1990, S. 341ff. sowie die bereits erschienenen Grabpublikationen der Theben-Reihe.

Die bereits bearbeiteten und z.T. publizierten Gräber

  • TT 41, Amenemope: Jan ASSMANN, Das Grab des Amenemope (TT 41), Theben III, Mainz 1991.
  • TT 68, Pa-en-khemenu: Karl-Joachim SEYFRIED, Das Grab des Pa-en-khemenu (TT 68) u. die Anlage TT 227, Theben VI, Mainz 1991.
  • TT 106, Paser: J.ASSMANN, E. HOFMANN, F. KAMPP, K.-J. SEYFRIED, Das Grab des Paser (TT 106), Theben X, i. Vorb.
  • TT 138/259, Nedjemger und Hori: E. FEUCHT, Die Gräber des Nedjemger und des Hori, Theben XV, Mainz 2006.
  • TT 178, Nefer-renpet: Eva HOFMANN, Das Grab des Neferenpet, gen. Kenro (TT 178), Theben IX, Mainz 1995.
  • TT 183, Nebsumenu: J. ASSMANN, E. HOFMANN, M. SALEH, K.-J. SEYFRIED, Das Grab des Nebsumenu (TT 183), i.Vorb.
  • TT 194, Djehutiemhab: Karl-Joachim SEYFRIED, Das Grab des Djehutiemhab (TT 194), Theben VII, Mainz 1995.
  • TT 257, Neferhotep: Maha F. MOSTAFA, Das Grab des Neferhotep und Mahu (TT 257), Theben VIII, Mainz 1995.
  • TT 296, Nefersecheru: E. FEUCHT, Das Grab des Nefersecheru (TT 296), Theben II, Mainz 1985.
  • TT 373, Amenmose: Karl-Joachim SEYFRIED, Das Grab des Amonmose (TT 373), Theben IV, Mainz 1990.
  • TT –162–, Parennefer: F. SEYFRIED, i.Vorb.

 

 

 

 

 

 

 

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 12.09.2013
zum Seitenanfang/up