Wintersemester 2004/2005
Vorlesung
Das XII.Jahrhundert (II): Der Symbolismus des hohen Mittelalters
2st., Di 14.15-15.45 Beginn: 26.X. Prof.Berschin
Die Vorlesung ist das Gegenstück zur «Lateinischen Klassik Frankreichs im XII.Jahrhundert». Sie behandelt die Autoren, Werke, intellektuellen Zentren und Tendenzen, die von den Kirchenvätern ausgehend neue Wege der Literatur suchen und finden. Im Mittelpunkt stehen Rupert v.Deutz, Hugo v.St.Victor, Honorius Augustodunensis, Anselm v.Havelberg, Otto v.Freising, «Ludus de Antichristo», Herrad v.Landsberg («Hortus deliciarum») und Hildegard v.Bingen. Exemplarische Orte: Schwarzrheindorf (bei Bonn) und Prüfening (Regensburg); exemplarische Kunstwerke: «Cappenberger Barbarossakopf» und «Klosterneuburger Altar».
Plan der Vorlesung
§ 1 Symbolismus
§ 2 Erster Überblick über den Symbolismus des XII.Jahrhunderts
§ 3 Literatur zum Thema
§ 4 Rupert von Deutz, seine dichterischen Versuche, Autobiographie und die Auseinandersetzung mit den Frühscholastikern
§ 5 Ruperts Symbolismus. Sein Platz in der Lehre vom drei-(vier-) fachen Schriftsinn
§ 6 De victoria verbi dei
§ 7 Literatur zu Rupert von Deutz
§ 8 Honorius Augustodunensis, seine Titel, Schemata und Bilder
§ 9 Literatur zu Honorius Augustodunensis
§ 10 Anselm v.Havelberg und die Anfänge einer Geschichtstheologie des hohen Mittelalters
§ 11 Literatur zu Anselm v.Havelberg
Exkurs zum «Klosterneuburger Altar»
§ 12 Otto v.Freising und die Anfänge einer Geschichtsphilosophie des hohen Mittelalters: Chronica sive historia de duabus civitatibus
§ 13 Gesta Friderici und Ligurinus
§ 14 Literatur zu Otto v.Freising und zum Ligurinus
Exkurs zum «Cappenberger Barbarossakopf»
§ 15 Ludus de Antichristo
§ 16 Hildegard v.Bingen: Mikrokosmos und Makrokosmos
Seminare
Venantius Fortunatus: Carmina
2st., Mi 9.15-10.45 Vorb.: 20.X. Prof.Walz
Bedeutendster frühmittelalterlicher Dichter vor der Karolingischen Renaissance ist der in Gallien wirkende Venantius Fortunatus († um 600). Seine Carmina hatten mindestens bis ins XI.Jahrhundert sprachlich, thematisch und formgeschichtlich großen Einfluß auf die nachfolgenden Dichtergenerationen. Empfohlene Ausgaben: F.Leo, MGH Auctores antiquissimi IV,1, München 1881 (Nachdruck 1981); S.DiBrazzano, Venanzio Fortunato, Opere/1, Rom 2001.
Jakob Bidermann: Cenodoxus (1602) und Philemon Martyr (1618)
2st., Di 16.15-17.45 Vorb.: 19.X. Prof.Berschin
«... Spiel, in dem der Mensch erst erfährt, wer er ist, in dem er sich entscheidet, Spiel, das die ganze Welt zur Bühne hat. Die Erde, darüber der Himmel, darunter die Hölle, ist ein Theatergerüst vor Gottes Auge, dem großen Zuschauer, der Spieler und Publikum zusammenzwingt. Von jeder Stelle ist Durchblick ins Ganze von Überwelt, Erde und Unterwelt. Der Raum des Nur-Humanen ist durchbrochen; die Universalien werden Person und figurieren einen unausmeßbaren christlichen Kosmos. Mitteninne steht der Mensch; in dessen Entscheidung sich alles trifft. Sichtbar soll werden, was im Unsichtbaren teilhat an seinem Tun. Der Augenblick hat die ungeheure Bedeutung, daß die unsterbliche Seele ihr Heil erwirbt oder verwirkt» (Edgar Hederer). Textausgabe: Jakob Bidermann, Ludi theatrales, München 1667 (repr. Tübingen 1967). Philemon Martyr auch in der zweisprachigen Ausgabe von M.Wehrli, Köln/Olten 1960.
Übungen
Paläographie II: «Nationalschriften» des frühen Mittelalters und karolingische Minuskel (für Anfänger)
Mit mehrtägiger Paläographischer Exkursion
2st., Mo 14.15-15.45 Vorb.: 18.X. Prof.Berschin
Einführung in das Lesen, Beschreiben und Bestimmen der wichtigsten Schriften des Frühmittelalters. Neu hinzukommende Teilnehmer werden gebeten, bis zum Beginn der Übung F.Steffens, Lateinische Paläographie, 21929, tab.12, 15, 17, 19, 20 und 24 nachzuarbeiten.
Johannes von Frankfurt: Edition unedierter Texte (V)
2st., Mi 11.15-12.45 Vorb.: 20.X. Prof.Walz
Die bereits vor mehreren Semestern begonnenen Arbeiten an bisher unedierten Texten des Heidelberger Theologen Johannes von Frankfurt († 1440) sollen in diesem Semester abgeschlossen und bis zur Drucklegung gebracht werden.
Lektüre/Proseminar
Beda Venerabilis: Historia ecclesiastica gentis Anglorum
(auch für Historiker)
2st., Do 11.15-12.45 Beginn: 21.X. T.Licht
Bedas Schriften zählen zu den großen literarischen Leistungen des lateinischen Mittelalters; die «Kirchengeschichte des englischen Volkes» ragt ihrerseits heraus: Mehr als 160 erhaltene ma. Hss. geben einen Eindruck von ihrer Verbreitung; sie ist Hauptquelle der älteren Geschichte Englands (nicht nur der Kirchen- sondern auch politischen und Kulturgeschichte), Vorbild für die Historia Langobardorum des Paulus Diaconus und neben dieser Höhepunkt des historiographischen Genres der «Volksgeschichte» (origo gentis). - Gemeinsam sollen Auszüge aus dem umfangreichen Werk gelesen und übersetzt werden; dabei werden Besonderheiten des mittelalterlichen Lateins besprochen. Zur Anschaffung empfohlen: Beda der Ehrwürdige, Kirchengeschichte des englischen Volkes, bearb. von G.Spitzbart, Darmstadt (WBG) 1997.
Proseminar
Überlieferungsgeschichte: Horaz in Mittelalter und Neuzeit
2st., Do 9.15-10.45 Beginn: 21.X. T.Licht
Ludwig Traube hat die Untersuchung der Überlieferung (Texttradition und Rezeption) der römischen Literatur als Teildisziplin in der mittellateinischen Philologie verankert; von ihm stammt die Idee, Literaturgeschichte anhand der Dichter zu schreiben, die den Jahrhunderten «...die nachahmenswertesten schienen». Trotz Kritik hat seine Bestimmung einer aetas Horatiana in der lateinischen Literatur des X. und XI. Jahrhundert Bestand und ist durch Beobachtungen eines zweiten Rezeptionshöhepunktes im XVI. Jahrhundert flankiert worden. Im Seminar sollen Brüche und Kontinuitäten der Texttradition (antike Scholien, «Codex Bernensis», Walahfrid) und Imitation (Ecbasis cuiusdam captivi, Sigebert v.Gembloux, Sarbiewski, Balde) des horazischen Oeuvres vorgestellt und diskutiert werden. Zur Einführung: B.K.Vollmann, Erziehung zur Humanität: Horaz und die Satire des 11. Jahrhunderts, in: H.Krasser/E.A.Schmidt (edd.), Zeitgenosse Horaz, Tübingen 1996, p.36-51.
Colloquium Neolatinum
Erasmus: Adagia
2st., Mo 16.15-17.45 Vorb.: 18.X. Dr.Schouwink/Prof.Berschin
Scriptorum Neolatinorum studium nonnullis annis ante inceptum continuabitur lectura et disputatione Proverbiorum illustrissimi auctoris Erasmi Roterodami. Legentur partes selectae operis, quod «Adagia» titulavit Erasmus. Hoc collectaneum sive florilegium sententiarum ex Graecis et Romanis auctor noster iuvenis confecit unicuique «adagio» breve commentarium addens. Erasmi opus brevi tempore coaevis notissimum factum est, quia «ad intelligendos auctores» et «ad ornatum orationis» proverbia exposita valde utilia videbantur. Re vera in his sententiis etiam nosmetipsi modo delectabili instructionem recipimus, quae e.g. fuerint origines proverbiorum «homo homini deus» et «homo homini lupus», quo pacto «sus Minervam docere» possit et qua de causa homo «aquam (vini loco) bibens nihil boni pariat». Adagiorum partes selectae parvo pretio in aedibus Instituti offerentur.