Wintersemester 2023/24

Alle Veranstaltungen der Lateinischen Philologie des Mittelalters und der Neuzeit finden im Paläographieraum 027 (Grabengasse 3-5) statt. Ausgenommen ist das Oberseminar zum Kloster Reichenau, das im Raum 001 des Kunsthistorischen Instituts abgehalten wird.

Oberseminar

Stuttgart, WLB, Cod.Don.191
Stuttgart, WLB, Cod.Don.191, fol.5v.

Die Gründungs- und Ausbauphase des Klosters Reichenau: Historischer Kontext, bauliche Entwicklung, kulturelle Blüte – zur Vorbereitung einer Großen Landesausstellung

2st., Mo 14.15-15.45        Beginn:16.X.        Prof.Licht et al.

Das mutmaßlich im Jahr 724 gegründete Kloster Reichenau feiert 2024 1300jähriges Bestehen. Trotz einer wechselvollen Geschichte, zahlreicher Umbauten und der Verstreuung der Handschriften auf dutzende Bibliotheken, ist die Substanz der Klosterinsel so gut erhalten, dass die Reichenau zum Weltkulturerbe und Teile seiner Handschriften zum Weltdokumentenerbe erhoben worden sind. Mindestens zwei Reichenauer, Walahfrid Strabo (†849) und Hermannus Contractus (†1054), gehören zu den herausragenden Autoren und Wissenschaftlern des europäischen Mittelalters, früh manifestiert sich auf der Reichenau ein internationaler Austausch mit orientalischen Kontakten (Heito), Reliquien (Kana-Krug) und Erzählstoffen (Vita Symeonis Achivi). Das Seminar widmet sich dem bekannten (St. Galler Klosterplan, Wandmalereien in Oberzell, Niederzeller Altarplatte) und weniger bekannten (Pirmins Scarapsus, Kapelle in Goldbach) Kulturerbe der Reichenau und der Frage, wie dieses einzigartige Reservoir in einer Landesaustellung präsentiert und vermittelt wird. Vertreter der Geschichte, Kunstgeschichte, Lateinischen Philologie des Mittelalters und Mittelalterarchäologie diskutieren neue Forschungen und Erfahrungen bei der Planung und Umsetzung der Objektpräsentationen. Eine Exkursion zur großen Landesausstellung "Klosterinsel Reichenau. Welterbe des Mittelalters" wird das Seminar beschließen, zu dem Interessierte aller kulturwissenschaftlichen Disziplinen eingeladen sind.  Neueste Publikationen, ein Tagungsband und ein Katalogband, werden im Verlauf des Semesters vorliegen bzw. in Vorabversionen zur Verfügung gestellt.


Ogier Ghiselin de Busbecq, Epistolae Turcicae (1581) und das Türkenbild des 15. und 16. Jahrhunderts

2st., Di 16.00-17.30        Beginn:17.X.        Prof. Wiegand

Für viele Intellektuelle Europas bildete in der Frühen Neuzeit das expandierende Osmanische Reich die große Gefahr und zugleich Herausforderung. Zahlreiche Autoren setzten sich - nicht zuletzt in lateinischer Sprache - mit der 'Türkengefahr' auseinander, die die Grundfesten des christlichen Europa zu erschüttern drohte. Dabei entwickelten sie - nicht selten vor der Folie des antiken Barbarenbildes - facettenreiche 'Türkenbilder'. In dem Seminar wird es um solche Türkenbilder in lateinischen Texten gehen, wie sie im Lauf des 16. Jahrhunderts konstruiert wurden. Im Zentrum werden die Legationis Turcicae Epistolae Quattuor des Ogier Ghishelin de Busbeq (1520-1591) stehen, der als Gesandter Kaiser Karls V. an der Hohen Pforte ein differenziertes Bild von den Türken zeichnete. Darüber hinaus werden kontrastiv andere lateinische Turcica herangezogen werden.
 

Lektüre

Lectura Vulgatae: Die Johannesapokalypse und der Apokalypse-Kommentar Richards von St. Viktor (†1173)

2st., Do 11.15-12.45        Beginn:19.X.        Narchi M.A. M.A.

Die Offenbarung des Johannes bildet mit ihren eindrücklichen und bisweilen erschütternden Visionen des Weltgerichts, die bis in heutige Endzeitvorstellungen nachwirken, den Abschluß des Neuen Testamentes. Motive wie das Lamm Gottes, das Buch mit den sieben Siegeln, die vier apokalyptischen Reiter, die sieben Posaunen, der Kampf der Frau mit dem Drachen und weitere gehörten früh zum Standardrepertoire der mittelalterlichen Vorstellungswelt und Kunst. Zugleich galt dieses Buch, dessen Autor mit dem Lieblingsjünger Jesu und Johannes dem Evangelisten identifiziert wurde, als notorisch auslegungsbedürftig. Mitte des 12. Jahrhunderts kommentierte der Regularkanoniker, Philosoph und Theologe Richard (†1173) vom Pariser Chorherrenstift St. Viktor die Offenbarung, um seinen Mitbrüdern das Verständnis dieses komplexen Textes zu erschließen. Im Lektürekurs sollen Auszüge der Apokalypse nach der Vulgata mit ausgewählten Erklärungen aus dem Kommentar des Richard von St. Viktor gelesen und übersetzt werden. Da der Kommentar noch nicht kritisch ediert ist, wird vergleichend die handschriftliche Überlieferung miteinbezogen. Die Texte werden zur Verfügung gestellt. Eingeladen sind Hörer aller Fächer mit Lateinkenntnissen.


Erstlektüre für Historiker: Wilhelm von Tyrus (†1186), Historia rerum in partibus transmarinis gestarum

2st., Mo 16.15-17.45        Beginn:16.X.        Dr.Otero Pereira

Wilhelm von Tyrus, ca. 1130 in Jerusalem geboren, entstammte einer seit einer oder zwei Generationen in Palästina niedergelassenen Familie. Nach zwanzig Jahren des Studiums in Europa wurde er 1165 Kanoniker in Akkon, 1167 Erzdiakon in Tyrus und 1175 zum dortigen Erzbischof erhoben. In den Diensten der Könige Amalrich (1162-1174) und Balduin IV. (1174-1185) von Jerusalem war er als Erzieher, Diplomat und Kanzler tätig. Er starb 1186. Seine 23 Bücher zählende Historia rerum in partibus transmarinis gestarum schildert die Ereignisse zwischen 1095 und 1184, blieb jedoch unvollendet. Wilhelm berichtet darin als Ortskundiger von den Verhältnissen im Königreich Jerusalem und als direkter Zeuge über das Zusammenleben der Araber mit den in Palästina niedergelassenen Europäern. Die Historia wurde bald in viele Sprachen übersetzt und erweitert und ist heute eines der wichtigsten chronikalischen Zeugnisse zu den Kreuzzügen. Der Lektürekurs wendet sich an Anfänger mit wenig Lektüreerfahrung. Der Text wird zur Verfügung gestellt, im Plenum gelesen und übersetzt. Textgrundlage: Willelmus Tyrensis archiepiscopus, Chronicon, ed. R.B.C. Huygens, Corpus Christianorum Continuatio Medievalis 63-63A, Turnhout 1986.

 

Übung

Einführung in die Metrik und Rhythmik: Beda, (†735), De arte metrica

Blockveranstaltung 9.15-15.45 (12., 19.I., 15.-16.II.2024)    Büge M.A.

In den Schulen des Mittelalters wurde das Grundwissen in 'römischer' Metrik anhand der Ars metrica des Angelsachsen Beda (†735) vermittelt. Die Transparenz der Vorschriften und Beschreibungen haben die Beliebtheit des Werkes befördert. Sein Erfolg erklärt sich auch daraus, dass Beda neben antiken Autoritäten viele christliche Dichter der Spätantike und des Frühmittelalters zur Illustration der Regeln herangezogen hat. Bedas Schrift soll in dieser Übung als Leitfaden zum Erlernen von Prosodie und Metrik dienen. Vorkenntnisse werden nicht verlangt. Der Kurs steht allen an der römischen Metrik Interessierten offen, dient daneben als Einführung in die Dichtung der Spätantike und des Frühmittelalters. Ausgabe: Bedae Venerabilis opera I. Opera didascalia, edd.C.W.Jones et al., Turnhout 1975, p.59-171 (Texte werden in Kopie ausgegeben).


Übung (auch grundwissenschaftlich)Karolingischeminuskel

Paläographie I: Von den spätantiken Majuskelschriften zur karolingischen Minuskel (für Anfänger)

2st., Mi 9.15-10.45        Beginn:18.X.            Prof.Licht

Die Übung führt in das Lesen, Beschreiben und Bestimmen spätantiker und frühmittelalterlicher lateinischer Schriften anhand von digitalen Handschriftenabbildungen und Kopien aus Tafelwerken ein.

 

Übung/Hauptseminar (auch grundwissenschaftlich)

Paläographie III: Von der karolingischen Minuskel zu den gotischen Schriftarten

2st., Mi 11.15-12.45        Beginn:18.X.            Prof.Licht

Einführung in das Lesen, Beschreiben und Bestimmen lateinischer Schriften vom X. bis XIII. Jahrhundert. Interessenten ohne Vorkenntnisse möchten sich bitte per E-Mail (tlicht@ix.urz.uni-heidelberg.de) anmelden.
 

 

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 27.06.2024
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