Dr. Manuel Franz
Was machst Du heute beruflich?
Nach meiner Promotion im Frühjahr 2020 war ich zunächst als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen beschäftigt und habe mich dort in das Fachgebiet Herkunftsländerinformationen eingearbeitet. Im Oktober 2022 bin ich schließlich ins Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg gewechselt und leite seitdem eines von zwei Referaten für Länderanalysen.
Was sind Deine konkreten Aufgaben?
Mein Referat ist für die Recherche und Analyse von Herkunftsländerinformationen für Asylverfahren zuständig: Wir bereiten unsere Erkenntnisse zur globalen Sicherheits- und Menschenrechtslage wissenschaftlich auf und lassen sie den Asylentscheidern des BAMF in Form verschiedener Informationsprodukte zukommen. Die Kollegen in den Außenstellen gleichen diese Herkunftsländerinformationen dann mit dem individuellen Vortrag der Asylantragsteller ab und entscheiden schließlich in einer Gesamtwürdigung über die Schutzgewährung.
Als Referatsleiter obliegt mir die Dienst- und Fachaufsicht über meinen aus knapp 20 Mitarbeitern bestehenden Zuständigkeitsbereich. Ich verteile eingehende Arbeitsaufträge, sorge für reibungslose Verwaltungsabläufe und repräsentiere das Referat bei Besprechungen oder Veranstaltungen. Mein Kernaufgabe sehe ich darin, optimale Arbeitsbedingungen für die Analysten des Referats sicherzustellen, sodass die Kollegen möglichst große Expertise zu den von ihnen bearbeiteten Herkunftsländern aufbauen können. Dazu gehört auch, Innovationen in den manchmal behäbigen Behördenstrukturen zu etablieren: So haben wir inzwischen Experteninterviews (z.B. mit Wissenschaftlern oder NGO-Vertretern) als methodisches Instrument eingeführt und führen neuerdings auch Fact Finding Missions in den Herkunftsländern von Flüchtlingen durch.
Inwiefern baut Deine aktuelle Arbeit auf Deiner wissenschaftlichen (Mit)Arbeit auf?
Auch wenn ich nicht mehr im Universitätsbetrieb tätig bin, arbeite ich auch heute noch genuin wissenschaftlich. Als Referatsleiter trage ich die Verantwortung, dass unsere Informationsprodukte den Standards wissenschaftlichen Arbeitens entsprechen. Insofern sind gründliche Literaturrecherche, korrekte Zitation und präzise Diktion für mich ähnlich relevant wie zu den Zeiten meiner Promotion. Hier profitiere ich vor allem von der Methodenkompetenz, die ich mir während meiner akademischen Ausbildung angeeignet habe.
Was sich tatsächlich geändert hat, sind die fachlichen Inhalte, mit denen ich mich beschäftige: Am Lehrstuhl habe ich mir über vier Jahre vertiefte Expertise zur amerikanischen Geschichte im Ersten Weltkrieg angeeignet. Im BAMF beschäftige ich mich im Tagesrhythmus mit einem globalen Potpourri von unterschiedlichen Themen – sei es die die Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten, die Verfolgungssituation von LGBTIQ+ in Ostafrika oder die aktuelle Sicherheitslage in Kolumbien.
Welche Kompetenzen kannst Du dort einbringen, die Du durch Studium/wissenschaftliche Arbeit erworben hast?
Generell ist der kritische Umgang mit Quellen, der bekanntlich im Zentrum des geschichtswissenschaftlichen Studiums steht, die wichtigste Kompetenz für meine heutige Tätigkeit: In meiner beruflichen Praxis kommt es z.B. vor, dass ein Lagebericht die systematische Verletzung von Menschenrechten in einem Herkunftsland bestreitet, während ein anderer Lagebericht sie bejaht.
Neben der Methodenkompetenz im wissenschaftlichen Arbeiten profitiere ich auch von den Sprachkenntnissen, die ich mir während meiner akademischen Ausbildung bei verschiedenen Aufenthalten in den USA aneignen konnte. Tatsächlich ist ein Großteil der einschlägigen Herkunftsländerinformationen auf Englisch verfasst.
Die zahlreichen Referate, die ich während des Studiums gehalten habe, sind in der Rückschau ebenfalls eine hilfreiche Erfahrung gewesen. Als Referatsleiter halte ich regelmäßig Vorträge oder moderiere bei internen und externen Veranstaltungen.
Was gefällt Dir besonders an Deinem Job?
Am meisten gefällt mir die bereits erwähnte Themenvielfalt. Nachdem ich mich als Doktorand sehr stark auf die USA spezialisiert hatte, finde ich es reizvoll, meinen Blickwinkel auf andere Regionen auszudehnen. Inzwischen kann ich guten Gewissens behaupten, einen globalen Überblick über die Sicherheits- und Menschenrechtslage in der Welt gewonnen zu haben. Hinzu kommt die Praxisrelevanz meiner Tätigkeit im BAMF: Es ist ein gutes Gefühl, mit der eigenen Arbeit einen Beitrag zum rechtsstaatlichen Ablauf von Asylverfahren zu leisten.
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