8. Medizinische Fakultäten
In seinen Stellungnahmen vom 16. Januar 2003 hatte der Wissenschaftsrat (WR) um
Berichte zur weiteren Entwicklung der beiden Medizinischen Fakultäten der Universität
Heidelberg und der beiden Universitätsklinika Heidelberg und Mannheim sowie zur
Kooperation zwischen den Standorten Heidelberg und Mannheim gebeten. Zur Gestaltung
der Zusammenarbeit wurde die „Arbeitsgemeinschaft Medizinstruktur“ (AG)
gegründet, der folgende Mitglieder angehören:
- der Prorektor für Forschung und Struktur der Medizinischen Fakultäten,
- die Dekane der beiden Medizinischen Fakultäten,
- die Ärztlichen Direktoren der beiden Universitätsklinika,
- die Kaufmännische Direktorin des Universitätsklinikums Heidelberg sowie der
Geschäftsführer des Mannheimer Universitätsklinikums,
- der Leiter des Medizinreferats im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Baden-Württemberg als ständiger Gast.
Die AG verständigte sich darauf, sämtliche Berufungsverfahren, wissenschaftliche Aktivitäten,
die Durchführung der Lehre sowie den Ausbau der Kooperation im Gesamtbereich
der Krankenversorgung an beiden Standorten zur Vorbereitung der Beschlussfassung
durch die jeweils verantwortlichen Gremien in der AG zur Diskussion zu stellen.
Im Zuge der Entscheidungsfindung wurden folgende Kriterien zu Grunde gelegt:
- Bei der Erörterung der anstehenden Berufungsverfahren wurden unter Berücksichtigung
der fachspezifischen bzw. strukturellen Gegebenheiten und Anforderungen beider
Standorte folgende Entscheidungskriterien herangezogen:
- Ist eine Professur ausreichend, um beide Standorte abzudecken? (Beispiel: Sozialund
Arbeitsmedizin am Standort Heidelberg)
- Wenn für jeden der Standorte eine Professur erforderlich ist, wird grundsätzlich
auf die Schärfung des standorteigenen wissenschaftlichen Profils durch Ausrichtungen
auf „Lücke“ geachtet? (Beispiel: Die Allgemeine Pädiatrie wird an beiden
Standorten mit unterschiedlichen Schwerpunkten vertreten sein.)
- Sollten ausnahmsweise Berufungen im gleichen Gebiet mit gleichem Forschungsschwerpunkt
notwendig werden (z.B. durch fachspezifische Dominanz eines Forschungsgebiets
mehrerer herausragender Bewerber bei zeitnahen Ausschreibungen
an beiden Standorten), geschieht dies zur Vernetzung und Bildung von Synergieeffekten
in Forschung und Lehre, die sich profilstärkend auf den Gesamtstandort
auswirken? (Beispiel: Urologie)
- Analyse zur interfakultativen Konzentration wissenschaftlicher Aktivitäten, das heißt
Bildung von Forschungsverbünden (Beispiel: Public Health, Infektiologie)
- Anpassung und Komplettierung der Lehre (Beispiel: Allgemeinmedizin, Lehrexport)
Auch die Abstimmung der Struktur- und Entwicklungsplanung wird von beiden Fakultäten
als Chance begriffen, die weitere Ausgestaltung ihrer Zukunft miteinander zu koordinieren.
Ziel der AG ist darüber hinaus die Stärkung der „MedioRegio“ im Rhein-
Neckar-Dreieck, an der sich universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen der Medizin
beteiligen, um die Kompetenzen der Region zu bündeln.
Einzelne Vereinbarungen der AG Medizinstruktur betreffen folgende Bereiche:
Kinderheilkunde/Kinderchirurgie
Beide Standorte werden eine Allgemeine Pädiatrie vorhalten. Die jeweiligen Professoren/
innen für Allgemeine Pädiatrie werden über ein differentes spezifisches wissenschaftliches
Spezialgebiet verfügen.
Einzelne wissenschaftliche Schwerpunkte werden mit jeweils unterschiedlicher Profilierung
und Akzentuierung nur an einem der beiden Standorte vorgehalten. Die Kooperation und Verantwortlichkeit in Forschung und Lehre wird über Zielvereinbarungen mit
den Beteiligten geregelt.
Geld- und Zahlungsströme verbleiben am jeweiligen Standort. In Krankenversorgungsfragen
unterstehen die Akteure der Struktur des jeweiligen Standortes.
Die Zukunftsplanung sieht folgende Aufteilung zwischen Mannheim und Heidelberg vor:
Fakultät Mannheim
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Fakultät Heidelberg
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C4 – Neonatologie
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C4 – Pädiatrische Onkologie
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C4 – Allgemeine Pädiatrie
|
C4 – Allgemeine Pädiatrie
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C4 – Kinderchirurgie
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C4 – Pädiatrische Kardiologie
|
Allgemeinmedizin
Als Hauptstandort im Bereich der Allgemeinmedizin wird mit der Ausrichtung einer
entsprechenden Professur die Medizinische Fakultät Heidelberg festgelegt.
Auch die Medizinstudierenden in Mannheim nehmen ab sofort während ihres „vorklinischen“
Studienabschnitts an der Ausbildung in Heidelberger Lehrpraxen teil und können
diese im „klinischen“ Studienabschnitt in Mannheim fortsetzen.
Humangenetik
Die Fakultät für Klinische Medizin Mannheim verfolgt die Einrichtung eines eigenen
Lehrstuhls für Humangenetik nicht weiter. Die Heidelberger Fakultät übernimmt den
Lehrexport in diesem Bereich.
Public Health
Der Bereich „Public Health“ soll zu einem Schwerpunkt in der Region Nordbaden ausgebaut
werden. Hierbei übernimmt die Universität Heidelberg die Federführung.
An der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim wird eine C 4-Professur für Public
Health, Sozial- und Präventivmedizin ausgeschrieben.
Der Masterstudiengang „Humanmedizin mit betriebswirtschaftlicher Qualifikation“
wurde genehmigt. Der Studiengang weist eine enge inhaltliche Verzahnung zu den Lehrund
Forschungsinhalten des Bereichs Public Health, Sozial– und Präventivmedizin auf
und wird im Jahre 2004 beginnen. Er wird mit dem Diplom „Master of Science“ abgeschlossen
werden. Die in Heidelberg vorhandene C 3-Professur für Internationale Gesundheitsökonomie
wird in den Forschungsschwerpunkt „Public Health“ eingebunden.
Ethik und Geschichte der Medizin
Der Bereich Ethik und Geschichte der Medizin wird in Heidelberg angesiedelt. Die Heidelberger
Fakultät leistet Lehrexport für die Mannheimer Studierenden. Eine C3-Professur
für Ethik und Geschichte der Medizin wird in Mannheim daher nicht eingerichtet.
Kooperation im Bereich der Lehre
Lehrveranstaltungen der beiden Fakultäten werden ohne Einschränkungen gegenseitig
anerkannt. Darüber hinaus findet zur Zeit ein Lehrexport aus Heidelberg nach Mannheim
in den Bereichen Rechtsmedizin, Geschichte und Ethik in der Medizin, Sozialmedizin
und Humangenetik statt. Künftig wird für die Lehre im Fach „Klinische Chemie“ ein
gemeinsames Konzept an beiden Fakultäten entwickelt. Für beide Medizinischen Fakultäten
wurde eine neue, identische Promotionsordnung erarbeitet.
Ethikkommissionen
Die Mannheimer Fakultät erkennt bereits jetzt die Voten der Ethikkommission der Fakultät
Heidelberg an. Die Mannheimer Ethikkommission verwendet das Umlaufverfahren,
das in Heidelberg nicht vollständig anerkannt wird. Das Europäische Recht wird hier zu
einer Vereinheitlichung der Bestimmungen führen. Bis dahin hat die Ethikkommission
Heidelberg das Verfahren der Anerkennung erleichtert. Nach einem positiven Votum der
Ethikkommission Mannheim bedarf es nur noch eines einfachen, formlosen Antrages
ohne persönliche Vorstellung vor der Kommission Heidelberg, um die Anerkennung des
Mannheimer Votums zu erwirken.
Transplantationsmedizin
Der Medizinstandort Heidelberg/Mannheim tritt als Transplantationszentrum gemeinsam
nach außen auf. Es ist beabsichtigt, für Nierentransplantationen gemeinsame Listen
zu führen. Falls sich herausstellen sollte, dass ein solches Vorgehen im Rahmen der Richtlinien
der „Stiftung Eurotransplant“ nicht möglich sein sollte, wird vereinbart, für den
Mannheimer Standort eine Mindestzahl an Nierentransplantationen von ( n >= 40/Jahr )
zu garantieren. Die Abstimmung der Modularien erfolgt auch in diesem Fall im Rahmen
der Richtlinien von „Eurotransplant“.
EDV-Struktur
Die gemeinsame Datenverarbeitungskommission
Heidelberg/Mannheim
hat festgestellt, dass ein
Datentransfer zwischen
den beiden Fakultäten
und Klinika in Heidelberg
und Mannheim in allen
Bereichen zügig ermöglicht
werden kann.