2. Universitätsbibliothek
Die Universitätsbibliothek setzte ihre Umstrukturierung des zweischichtigen Bibliothekssystems
in ein funktional-einschichtiges System fort. Entsprechend den Empfehlungen
der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg vom Januar 2003 ist das Ziel
der laufenden Strukturreform, aus einem relativ unverbundenen Nebeneinander von
Informationseinrichtungen ein gut abgestimmtes, wirtschaftlich effizienteres Gesamtgefüge zu entwickeln – ein Gefüge aus vitalen, benutzernahen Fachbereichsbibliotheken
und einem Kompetenz- und Steuerungszentrum Universitätsbibliothek, das die Personalressourcen
verwaltet, die bibliothekarischen Arbeitsprozesse verantwortlich regelt
und im Interesse des Ganzen spezielle Dienstleistungen erbringt (z.B. EDV-Entwicklung,
E-Journals-Verwaltung, Dokumentlieferdienste, Restaurierungswerkstatt, Digitalisierungszentrum,
Lehrbuchsammlung). Mit dem Beginn der elektronischen Erwerbung in
den dezentralen Bibliotheken und der Zusammenführung aller bibliothekarischen Stellen
der Universität in einem gemeinsamen Stellenplan wurden im Jahr 2003 zwei bedeutende,
in anderen zweischichtigen Systemen bislang höchst selten erreichte Wegmarken
passiert. Namentlich die zum 1. April 2003 erfolgte Zusammenfassung der Bibliotheksstellen
mit ihren langfristigen Perspektiven rechtfertigt es, 2003 geradezu als Epochenjahr
zu bezeichnen. Erkennbare Erfolge in den Bereichen Bibliothekenintegration und
Rechtsetzung verstärken den positiven Trend.
Neben der Vorbereitung der nächsten dezentralen Bibliotheken für den Einsatz des
elektronischen Erwerbungssystems SISIS (zweite Tranche), darunter u.a. die größten
Bibliotheken des Systems wie die Bereichsbibliothek Wirtschaftswissenschaften, die
Bibliothek des Südasien-Instituts sowie die Bibliothek des Wissenschaftlich-Theologischen
Seminars, seien im einzelnen folgende Maßnahmen hervorgehoben:
- Organisatorischer Zusammenschluss der fünf Bibliotheken der Fakultät für Physik und
Astronomie zur Bereichsbibliothek Physik und Astronomie. Als Leiter der Bereichsbibliothek
fungiert der Fachreferent für Physik der Universitätsbibliothek
- Beitritt der Bibliothek des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische
Archäologie zur Bereichsbibliothek Altertumswissenschaften
- Verbesserung der fachbibliothekarischen Betreuung in bislang unterversorgten Einrichtungen
im Zuge der allgemeinen Flexibilisierung des Personaleinsatzes (z.B. Zentrum
für Molekulare Biologie, Kirchhoff-Institut für Physik)
- Ausweitung des universitätsinternen elektronischen Aufsatzlieferdienstes „Electronic
Document Delivery“ (EDD) von der Universitätsbibliothek auf die erste dezentrale
Bibliothek (Bereichsbibliothek Physik)
- Aufbau eines Teams zur Konversion von Institutszettelkatalogen in maschinenlesbare
Form
- Verbesserung des Heidelberger Zeitschriftennachweises in der nationalen Zeitschriftendatenbank
und Aussonderung entbehrlicher Zeitschriftendubletten
- Vorbereitung einer Verwaltungsordnung für das Bibliothekssystem.
Die Erwerbungsautomatisierung wie die Verdichtung der Bibliothekslandschaft wird im
Interesse optimaler Wirtschaftlichkeit bei optimalem Benutzerservice auch in den kommenden
Jahren konsequent fortgesetzt werden.
Die Nutzung der Universitätsbibliothek, die sich anhand der Indikatoren Ausleihe und
Vormerkungen, an der Zahl der aktiven Benutzer sowie der Lesesaalbesuche darstellen
lässt, weist für 2003 ein beträchtliches Wachstum auf. Die Zahl der aktiven Nutzer stieg
um 8 % auf über 32.000 an. Die Zahl der Ausleihen wuchs im Berichtsjahr um 6 % auf
über 1,3 Mio. Damit dürfte die Universitätsbibliothek ihren Platz unter den bundesweit
fünf ausleihstärksten Bibliotheken gefestigt haben.
Die Hauptbibliothek in der Altstadt hat ihren Service erweitert und ist jetzt auch am
Samstag geöffnet. Nach einer Benutzerumfrage waren über 90 % mit den Leistungen der
Universitätsbibliothek „sehr zufrieden“.
Die Universitätsbibliothek arbeitet mit Hochdruck an der Erschließung ihres einzigartigen
Bestandes von mittelalterlichen Handschriften, Inkunabeln und Altdrucken aus dem
16. und 17. Jahrhundert. So konnten 2003 7.500 Altdrucke in den elektronischen Katalogen
verzeichnet werden. Für die im Mai 2003 eröffnete, gut besuchte Ausstellung „Von
Ottheinrich zu Carl Theodor. Prachteinbände aus drei Jahrhunderten“ wurden erstmals
die wertvollsten Einbände pfalzgräflicher Provenienz in Form eines Kataloges wissenschaftlich
beschrieben und bekannt gemacht.
Für die Dienste der elektronischen Bibliothek ist im Jahr 2003 ein weiteres Wachstum zu
verzeichnen. So stieg die Anzahl der im Netz verfügbaren Datenbanken um 14 %, die der
Dokumente auf dem Multimedia-Server HEIDOK sogar um 38,6 %. Die Recherchen in
den elektronischen Katalogen der Universitätsbibliothek wuchsen um 11 % auf nunmehr
3.604.000 (9.900 Recherchen pro Tag). Während die Belieferung mit digitalisierten Aufsätzen
über das lokale Document Delivery mit 20.160 auf hohem Niveau stagnierte, konnte
das Angebot elektronischer Zeitschriften um 23,5 % auf nun 2.700 Titel vermehrt werden.
Die weiter zunehmende Bedeutung der E-Journals für die Informations- und Literaturversorgung
der Universität spiegelt sich neben dem vermehrten Titelangebot in einer
kontinuierlichen Entwicklung der Zugriffszahlen wider. Während für 2002 622.700
Zugriffe (1.700 pro Tag) verzeichnet wurden, waren es im Jahr 2003 bereits 749.000 (2.050
pro Tag).
Als neuer Baustein der elektronischen Bibliothek etabliert sich zunehmend die
im Frühjahr 2003 vornehmlich mit Unterstützung der Universitätsgesellschaft eingerichtete
Digitalisierungswerkstatt. Ausgangspunkt für den Aufbau der Werkstatt, für die es
in Deutschland bisher kaum Beispiele gibt, waren die Erfahrungen, die die Universitätsbibliothek
im Rahmen des zum 31. Januar 2003 abgeschlossenen DFG-Projektes „Spätmittelalterliche
Bilderhandschriften aus der Bibliotheca Palatina – digtal“ gewonnen hat.
Dort wurde u.a. das Internetpräsentationsmodell entwickelt, das bisher auch allen weiteren Digitalisierungsprojekten zugrunde liegt. Unter diesen sind insbesondere die Digitalisierung
der Heidelberger Adressbücher (Projekt in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv
Heidelberg) sowie der historisch bedeutenden Satirezeitschriften „Kladderadatsch“
und „Ulk“ (Projekt gefördert durch die Landesarchivdirektion Baden-Württemberg) zu
nennen. Insgesamt konnten 130.000 Seiten aus gefährdeten Hand- und älteren Druckschriften
digitalisiert werden. Leitvorstellung für den Aufbau der Digitalisierungswerkstatt
ist die Überzeugung, dass in vielen Fällen in der Digitalisierung und nicht in der
teureren Massenentsäuerung oder gar Papierspaltung die Lösung der durch den
Papierzerfall bedingten Altbestandsproblematik liegt.