Beispiel für eine Geländeübung
„Was macht Ihr eigentlich auf Geländeübungen?“
Das wird man als Studierender der Geowissenschaften häufig gefragt. Auf dieser Seite möchten wir einmal einen Einblick in eine typische Geländeübung, so wie wir sie hier im Institut im Allgemeinen durchführen, geben. Dies soll dazu dienen, einen Eindruck davon zu vermitteln, wie Geländeübungen ablaufen, wie wir unterwegs sind, womit wir uns an „ganz normalen“ Geländetagen befassen und was abgesehen von der Erlangung der praktischen Geländeerfahrung und Vertiefung des fachlichen Wissens auf Geländeübungen einfach Spaß macht.
Und wer könnte besser von den Erlebnissen im Gelände berichten als die Studierenden selber? Daher ist im Folgenden ein Bericht über eine Geländeübung zu lesen, der von den studentischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Gemeinschaftsproduktion verfasst wurde. Da dieser Bericht für die Studierenden zur Nachbereitung des Gelernten und zur Erlangung des Leistungsnachweises für die Veranstaltung diente, enthält er Fachbegriffe und Beschreibungen der Geologie der Zielregion, die für Laien nicht unbedingt verständlich sein werden.
Studentischer Bericht zur "Geländeübung Erzgebirge"
Das Erzgebirge ist ein europäisches Mittelgebirge und liegt zu Teilen in Sachsen und geht dort in den nordwestlichen Teil Tschechiens über (Abb. 1). Interessant ist es für Geowissenschaftler insbesondere deshalb, da sich dort, mit Hilfe der Gesteine, die verschiedenen Phasen einer Gebirgsbildung, die vor über 300 Millionen Jahren (Ma) stattfanden, sehr gut nachvollziehen lassen. Daher wurde die Geländeübung im Rahmen des Bachelorstudiums an der Universität Heidelberg im Sommersemester 2020 angeboten. Die 6-tägige Geländeübung ist Teil des Vertiefungsmoduls (34a) "Geowissenschaftliches Vertiefungsfach Mineralogie" und richtet sich an Studierende des vierten und fünften Semesters des Studiengangs "Geowissenschaften Bachelor (B.Sc.)". Im Modulhandbuch findet man sie unter der Lehrveranstaltung "Geländeübung Petrologie und Geodynamik", (LSF: 3403, SWS 3, LP 4, WS 2020).
Geleitet wurde die Geländeübung von Prof. Dr. Lucie Tajcmanova, die die Forschungsgruppe „Mineralogische & Petrologische Prozesse“ am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg leitet. Insgesamt sieben Bachelor- und eine Masterstudierende haben an der Geländeübung teilgenommen. Unterstützung dabei gaben die beiden Postdocs Dr. Sebastian Cionoiu und Dr. Katharina Schmidt.
Ziel der Geländeübung war neben der Bestimmung von Gesteinen und Mineralen sowie der Interpretation einzelner lokaler Phänomene ganz besonders die Erlangung eines geologisch möglichst umfassenden und themenübergreifenden Bildes über das Erzgebirge und regionale Prozesse.
Übersicht
Geologie des Erzgebirges
Die Geologie des Erzgebirges, mit den Gesteinen und Strukturen, wie wir sie heute kennen, hat ihren Ursprung im frühen Paläozoikum vor etwa 400 Millionen Jahren (Ma), im mittleren Devon. In dieser Zeit entstand der variszische Gebirgsgürtel durch die Subduktion von Laurussia unter Gondwana. Die europäischen Varisziden ziehen sich durch Mitteleuropa und sind heute zu Teilen noch aufgeschlossen. Das Erzgebirge ist Teil des sogenannten Saxothuringikums, eines Bereichs innerhalb der Varisziden, der im Norden von der mitteldeutschen Kristallinschwelle und im Süden durch das Moldanubikum begrenzt wird.
Während der Orogenese (= Gebirgsbildung) wurden einzelne Mikrokontinente subduziert und in einer späteren Phase gegeneinander verschoben, wodurch ehemals subduzierte Gesteine wieder an die Oberfläche gebracht wurden.
Die exhumierten Gesteine sind durch subduktionsassoziierte Metamorphose gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die Gesteine sehr hohe Drücke im Erdinnern erfahren haben, aber durch die schiere Größe der subduzierten Platte nicht so stark erhitzt werden konnten wie Gesteine, die sich in unmittelbarer Nähe des umliegenden Erdmantels befinden.
Charakterisiert ist das Erzgebirge durch seinen domartigen Aufbau aus metamorph überprägten Sedimenten, sogenannten Metasedimenten, wie Glimmerschiefern, Granatphylliten, Phylliten und metamorphen Graniten, sogenannten Orthogneisen und metagranitoiden „Rotgneisen“ (Abb. 2). Innerhalb der Glimmerschiefer liegen oft auch metamorphe basische Gesteine (Metabasite). Den Kern des Erzgebirges bilden die 540 Ma alten Graugneise und Metasedimente mit neoproterozoischen (>540 Ma) Protolithaltern.
Während der Spätphase der variszischen Orogenese vor ca. 330–320 Ma sind im Zuge von Aufschmelzprozessen in der unteren Platte große granitische Plutone – große Magmakörper – in der Erdkruste aufgestiegen und dort steckengeblieben. Einer dieser großen Plutone ist der Eibstock Granit, siehe „spätvariszische Granite“ in Abb. 2.
Die Domstruktur entstand erst bei viel späterer tektonischer Aktivität während der alpidischen Gebirgsbildung. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Erzgebirge nach seiner Bildung eine tektonisch eher inaktive Region, weswegen die Gegend vermutlich eine relativ ebene Topographie aufwies. Durch Spannungen innerhalb der eurasischen Platte, welche durch die im Süden stattfindende Subduktion von Europa unter Afrika erzeugt wurden, hat sich – ähnlich wie im Oberrheingraben in Deutschland – im heutigen Tschechien eine Grabenregion abgesenkt und das Erzgebirge als Pultscholle herausgehoben. Diese Grabenregion heißt heute Egergraben und begrenzt das Erzgebirge nach Süden hin (Abb. 2).
In Abb. 3 ist ein schematischer Querschnitt durch das Erzgebirge dargestellt, der die verschiedenen Einheiten zeigt, welche das Erzgebirge aufbauen.
Literatur:
Konopásek, J. and Schulmann. K. (2005): Contrasting Early Carboniferous field geotherms: evidence for accretion of a thickened orogenic root and subducted Saxothuringian crust (Central European Variscides). Journal of the Geological Society London, 162: 463-470.
Meschede, M. (2015): Geologie Deutschlands. Ein prozessorientierter Ansatz. Berlin: Springer Spektrum
Tag 1: Bergbau im Erzgebirge
Das Thema unseres ersten Geländeübungstages war die Geschichte des Bergbaus im tschechischen Teil des Erzgebirges. Das erste Ziel war die Grube Mauritius inklusive des Besucherstollens Christoph und deren Zinn Mineralisationen, die im Zusammenhang mit den Greisen des Karlsbad Plutons entstanden.
1.1 Grube Mauritius & Besucherstollen Christoph
Unser erster Stopp auf dieser Geländeübung war die Grube Mauritius mit dem Besucherstollen Christoph. Dort lernten wir, dass die Grube Mauritius in Hřebečná (Hengstererben) das größte Zinnbergwerk im böhmischen Teil des Erzgebirges war. Von Mitte des 16. Jahrhunderts bis hin ins 20. Jahrhundert war sie zugänglich und die ersten 200 Jahre davon in Betrieb. Erst 2008 wurde der Stollen wiederentdeckt und für den Tourismus geöffnet. Dafür wurde der neue Eingang errichtet, der Alte wurde dagegen für Besucher gesperrt.
Touristen können in dem Tunnel, der Richtung Besucherstollen führt, die Greisen (Abb. 4) ansehen, in denen die Zinnerze enthalten sind. Sie entstanden während der Endphase der Abkühlung von Magma (Pneumatolyse) in dem granitischen Gesteinskörper des Karlsbad Plutons unter hohem Druck. Dabei wanderten fluor-, wolfram-, zinn- und lithiumhaltige gasreiche Schmelzen entlang von Spalten und Gängen und kristallisierten als Erze aus.
Kassiterit (Abb. 5), das hier in diesem Bergwerk abgebaute Erz, kommt in Form kleiner Körner und Kristalle vor. Im Schnitt besitzen die Gesteine einen Gehalt von 0,5–2 % Zinn, der übrige Anteil setzt sich aus Quarz, Glimmer und Feldspäten zusammen. Um das Erz abzubauen, kamen im Laufe der Zeit viele verschiedene Abbaumethoden zum Einsatz. Beispielsweise wurde für den Besucherstollen Christoph (Abb. 6) die Kammerbau-Methode angewendet. Dabei werden große Kammern in den Stein gehauen, die durch Sicherheitspfeiler gestützt werden. Die größte dieser Kammern ist 65 m lang, 4–9 m breit und 15–25 m hoch. Aus dem abgebauten Erz wurden 120 Tonnen Zinn gewonnen. Der Bergbau in dieser Mine und im ganzen Erzgebirge war einer der wichtigsten Erwerbszweige und prägt die tschechische Industrie bis heute.
Tag 2: Eklogit Einheit
Der zweite Tag stand im Rahmen der Eklogit Einheit (Abb. 3), die charakterisiert ist durch Hochdruck- sowie Niedrig- bis Mitteltemperatur- (HP/L-MT) Gesteine. Dabei wurde die Metamorphose von felsischen und mafischen Gesteinen, die retrograde Verwitterung von Eklogiten und die Rheologie der Hauptminerale (Quartz, Plagioklas und Kalifeldspat) in den Orthogneisen untersucht. Erste Erfahrungen mit dem Gefügekompass wurden an planaren und linearen Strukturelementen durchführt sowie Schersinne identifiziert.
2.1 Kupferberger Sphinx
Der Tag begann mit einer theoretischen Übersicht und der Erklärung des derzeitigen Standes der Wissenschaft über die Geologie des Erzgebirges und seinem geologischen Umfeld. Im Anschluss ging es ins Dorf Měděnec (Kupferberg) zum ersten Aufschluss der Geländeübung, der „Měděnecké Sfingy“, was übersetzt Kupferberger Sphinx bedeutet (Abb. 7).
Die Kupferberger Sphinx Formation sowie die umgebenden Gesteinsblöcke bestehen aus Augengneis. Hier können einige strukturelle Merkmale untersucht werden, wie Lineation und Foliation, die hier sehr gut ausgebildet sind. Bei Foliation handelt es sich um ein planares Gefügemerkmal von metamorphen Gesteine, welche sich durch Einregelung verschiedener Minerale bei der Deformation ausbildet und welche man gut in Abb. 8 erkennen kann. Die Lineation hingegen ist ein lineares Gefügemerkmal und zeigt die Hauptbewegungsrichtung an. Sie liegt hier in der Foliation und ist deshalb im Bild nicht zu erkennen.
Die „Augen“ des Augengneisses (Abb. 8) bestehen aus Feldspat und sind noch pseudoidiomorph erhalten. Diese werden von den anderen Matrix-Mineralen umflossen. Die Matrix besteht aus Quarz, Plagioklas und Glimmern, welche sich eingeregelt haben. Große Kalifeldspäte deuten auf magmatischen Ursprung hin. Daher handelt es ist um einen Orthogneis.
Dieser Aufschluss liegt am Rand des Saxothuringikums, von dem wir uns im Laufe der Geländeübung immer weiter entfernen und auf die Gesteine nahe der damaligen Subduktionszone zubewegen. Die Sphinx liegt südlich von Annaberg-Buchholz in einem der rosa Bereiche (Metagranitoide) auf der Karte in Abb. 2.
2.2 Eklogitaufschluss bei Měděnec
Von hier aus brachen wir zu unserem zweiten Aufschluss in der Nähe von Měděnec auf, an dem Eklogite aufgeschlossen sind (Abb. 9). Diese Eklogite stehen in direktem Kontakt mit umliegenden Glimmerschiefern, welche andere metamorphe Druck- und Temperatur-Bedingungen zeigen als die nebenstehenden Eklogite. Noch lässt sich nicht erklären, warum vereinzelt diese Eklogite, die von allen Metamorphiten unter den höchsten Drücken entstehen, neben den weniger metamorphen Nachbargesteinen liegen.
In den Eklogiten wurden auch vereinzelt Amphibole gebildet, welche erste Anzeichen für retrograde Umwandlungen sind. Zusätzlich sind hier mikrokristalline Granate zu finden, sogenannte Atollgranate. Die Bildung von Atollgranaten wird mit dem Einfluss von Fluid-Infiltration und einhergehendem Elementaustausch zwischen Granaten und Matrix interpretiert. Die genaueren Charakteristika und Details werden im Zuge einer Bachelorarbeit untersucht werden.
2.3 Eklogitaufschluss am Gipfel des Meluzína
Der letzte Aufschluss des Tages befand sich auf dem Gipfel des Meluzína, welcher ungefähr 10 km westlich von Měděnec liegt. Diese Lokalität ist der größte Eklogitaufschluss Zentraleuropas und besteht aus frischen Eklogiten mit besonderen Eigenschaften.
Zusammengesetzt ist dieser Eklogit aus grünen Omphaziten, roten Granaten sowie weißen Phengiten. Die Minerale liegen in nahezu monomineralischen Lagen vor, was typisch für eine mylonitische Textur ist. Außerdem ist zusätzlich ein Amphibol zu erkennen – Barroisit. Die Barroisit Kristalle sind schwarz und prismatisch ausgebildet und entlang der Foliation eingeregelt (Abb. 10).
Als retrograde Phase während der Exhumierung sind einige Quarzadern durch das Gestein geschlagen, an dessen Rändern sich niedrig metamorpher Aktinolith als neue Phase gebildet hat.
Als Ausgangsgestein liegt hier ein MORB – Mittel-Ozeanischer-Rücken-Basalt – vor, dessen Alter bei ca. 340 Ma liegt. Allerdings ist das Metamorphosealter nur geringfügig jünger, sodass die Subduktion und die anschließende Heraushebung schnell vonstattengegangen sein muss.
Tag 3: UHP-Metamorphose im Erzgebirge
Am dritten Tag waren wir in der (U)HP-HT (Ultrahochdruck-Hochtemperatur) Einheit (entlang des Flusses Eger/Ohře). Wir begannen mit den Granuliten, die die höchsten Druck-Bedingungen repräsentieren (Coesit- und Diamanteinschlüsse wurden in ihnen gefunden). Hier konnten wir direkt am Gestein sehen, welche Minerale bevorzugt bei diesen extremen Bedingungen durch die Metamorphose gebildet werden. Den Rest des Tages verbrachten wir in den umliegenden Gneisen und diskutierten verschiedene Aspekte des Schmelzprozesses, z.B. wie das Schmelzen das Gestein schwächen kann und wie die Menge der Schmelze den endgültigen Charakter des Gesteins beeinflussen kann. Anhand von verschiedenen Arten von Migmatiten betrachteten wir, wie extreme PT-Bedingungen Gesteine partiell oder komplett aufschmelzen und verformen können.
Wir diskutierten auch verschiedene analytische Methoden, die angewendet werden müssen, um "die Geo-Geschichte" über die Region zu rekonstruieren und wie komplex geologische Prozesse sein können.
3.1 In der Nähe der Eger bei der Ortschaft Stráž nad Ohří
Bei diesem Aufschluss handelt es sich um einen hellen, feinkörnigen Granulit, der sich bei sehr hohen Temperaturen und Drücken aus einem Granit gebildet hat. Datiert wurde das Metamorphosealter auf etwa 349–342 Ma, also die Zeit der variszischen Gebirgsbildung. Das Gestein besteht hauptsächlich aus den Mineralen Quarz, Feldspat und Granat. Zusätzlich ist das Alumosilikat Kyanit in sehr geringem Maß vorhanden, was auf einen geringen Aluminiumgehalt im Gestein hinweist. Dies gibt Rückschlüsse auf den Protolith (= Ausgangsgestein): wäre es ein klastisches Sedimentgestein gewesen, so hätte man in dem metamorph überprägten Gestein aufgrund des höheren Aluminiumgehaltes auch deutlich mehr Kyanit sehen können. In Abb. 11 ist ein vereinzelter blauer Kyanit zu erkennen.
3.2 Direkt an der Eger bei der Ortschaft Okounov
Nur einige Meter entfernt von dem Fluss Eger steht eine ca. 10 m hohe Felswand aus Orthogneisen an. Die anstehenden Gneise zeigen eine deutliche Foliation und Lineation des Gesteins. Das ließ alle Studierenden ihre geologischen Kompasse zücken, um diese flächigen und linearen Gefüge-Elemente einzumessen. Das Gestein beinhaltet die Minerale Quarz, Feldspat, Glimmer und Granat (Abb. 12). Die Orthogneise wurden durch die extremen Druck- und Temperaturbedingungen stark duktil verformt, weshalb man auch von einem Mylonit sprechen kann (Abb. 13). Im Gegensatz zu dem Orthogneis der Kupferberger Sphinx, welcher deutlich als Augengneis zu erkennen war, bildet der Kalifeldspat hier keine Augen aus. Dies kann daran liegen, dass aufgrund der hohen Temperaturen wahrscheinlich schon Schmelze in sehr geringem Maß vorhanden war, was zu einer geringeren Festigkeit des Kalifeldspates geführt hat.
3.3 Schlossgarten in Klášterec nad Ohří
Der Aufschluss liegt am Ende eines Schlossgartens und ebenfalls direkt an der Eger. Entlang dieses etwa 70 m langen Aufschlusses von West nach Ost konnte das Schmelzen von Gesteinen unmittelbar nachverfolgt und beobachtet werden, wie die Gesteine in den entsprechenden Aufschmelzungsstadien aussehen: beginnend mit dem Orthogneis, der noch keine Anzeichen einer Aufschmelzung zeigt (Abb. 14), bis hin zu einem Gestein, dessen Strukturen sich wegen zunehmender Aufschmelzung immer mehr veränderten. Gesteine, die bereits partielle Aufschmelzung erfahren haben, bezeichnet man als Migmatit (Abb. 15). Bei hohen Temperaturen (> 650 °C), und damit auch hohen Aufschmelzgraden, verlieren sich die Strukturen komplett, und das resultierende Gestein wird als Granofels bezeichnet.
3.4 Wasserdamm bei Kadaň
In diesem Aufschluss konnte man exzellent sehen, was durch duktile Verformung bei den sehr hohen Druck- und Temperaturbedingungen mit dem Gestein passiert. Durch Krafteinwirkung ist es zur zahlreichen Faltung im Bereich dieses Aufschlusses gekommen (Abb. 16). Dabei liegt die Faltung in verschiedenen Größenskalen vor und reicht von wenigen Zentimetern bis zu mehreren Metern. Durch die vorhandene Bänderung im Orthogneis sind die Falten deutlich zu erkennen.
Tag 4: Egergraben Vulkanismus
Dieser Tag widmete sich den jüngeren vulkanischen Gesteinen, die ihren Ursprung im sogenannten Egergraben Vulkanismus haben. Der Egergraben sowie seine vulkanischen Aktivität entstanden, wie auch der Oberrheingraben, im Zusammenhang mit der Alpenorogenese. Wir diskutierten auch verschiedene Formen der Verwitterung der vulkanischen Gesteine und Granitoide. Außerdem sahen wir zwei verschiedene Tonvorkommen - Kaolin und Bentonit, die beide mit der Verwitterung verschiedener Gesteinsarten zusammenhängen. Wir diskutierten auch ihre gesellschaftliche Bedeutung und industrielle Nutzung. Bei der letzten Station des Tages handelte es sich um die Thermalquellen in Karlsbad, deren Aktivität auch mit dem Egergrabenvulkanismus in Zusammenhang gebracht wird.
4.1 Steinbruch oberhalb der Mauritiusmine
Oberhalb der Mauritiusmine findet man einen Steinbruch mit schwarzen, feinkörnigen Basaltoiden. Es sind klar sechseckige Säulen zu erkennen, die senkrecht aus dem Untergrund nach oben ragen (Abb. 17). Diese entstanden durch Kontraktion beim Abkühlen der Lava. Größere Einsprenglinge im Gestein sind Klinopyroxene, vulkanisches Glas und Olivin. Außerdem findet man auch Nepheline, die auf eine SiO2-Untersättigung des Magmas hindeuten. Das Vulkanereignis fand vor 20 Ma im Zuge der Alpenorogenese statt.
4.2 Vulkanberg Šumná Nähe des Gipfels, oberhalb von Klasterec (westlich)
Auch dieser Vulkan wird zum Egergraben Vulkanismus gezählt und entstand vor ca. 20 bis 22 Ma. Entlang des Wanderweges zum Gipfel sind mehrere große Aufschlüsse zu finden, die aus feinkörnigem, schwarzem Gestein bestehen und sowohl Glaseinschlüsse als auch größere Pyroxene und Amphibole enthalten (Abb. 18). Auf dem Gipfel befindet sich eine Burgruine, welche aus dem Basaltoid erbaut wurde. Von hier kann man Richtung Süden auf etwas ältere Vulkane (25 Ma) blicken.
4.3 Bei Velky Rybnik im Norden Karlsbads
Dieser Ort zeigt einen kompletten Querschnitt eines Vulkans mit seinen vulkanischen Gesteinen (ca. 20 Ma) und den Kontakt zu den angrenzenden, älteren Granitoiden (320–300 Ma). Bei der Verwitterung der beiden Gesteine entstehen zwei verschiedene Tonminerale als Hauptresiduum. Das plutonische Gestein verwittert hauptsächlich zu Kaolin und das vulkanische zu Bentonit. Der hier aufgeschlossene Vulkan ist ein Maar, von dem man im Aufschluss einen Querschnitt sehen kann. Die vulkanischen Gesteine, die in den Hängen anstehen, zeigen Wollsackverwitterung (Abb.19).
4.4 Karlsbad Thermalquelle
Die heißen Grundwässer unter Karlsbad treten hier fontänenartig bis strudelnd aus dem Untergrund hervor. Bei Austritt hat das Wasser eine Temperatur von 73 °C. Im Untergrund löst es Karbonate, die beim Erreichen der Oberfläche ausgefällt werden (Abb. 20). Interessanterweise ist das ausgefällte Karbonat in Karlsbad Aragonit, welcher die Hochdruck Varietät des Kalzium-Karbonates ist. Als Ausfällungsprodukt erwarten würde man die Niedrigdruck-Variante Kalzit, da das an die Oberfläche gelangende Grundwasser beim Austreten eine Druckentlastung erfährt. Um dieses Phänomen weiter zu untersuchen, wurden an verschiedenen Quellen, darunter an den Heilwasserspendern des Thermengebäudes, kurz nach Austritt die Parameter des Wassers (unter anderem Temperatur und Sauerstoffgehalt) gemessen und Wasserproben genommen, um diesem ungewöhnlichen Umstand auf den Grund zu gehen.
Tag 5: Karlsbad Pluton
Am fünften Tag sahen wir die wichtigsten Gesteinsarten des Karlsbader Pluton Komplexes, der Typlokalität für die Karlsbad-Zwillinge. Den größten Teil des Tages verbrachten wir dann in den Metasedimenten, die in der Nähe des Plutons aufgeschlossen sind, und diskutierten über die mögliche Kontaktmetamorphose in diesen Gesteinen. Hier bot sich wieder die Gelegenheit, um den Umgang mit den Gefügekompassen zu üben.
5.1 Straße zwischen Karlsbad & Březová u Karlových Var
Der erste Stopp am 5. Tag der Geländeübung führte uns an einen Straßenaufschluss zwischen Karlsbad und dem südlicher gelegenen Březová entlang der Tepla. Hier kann man über eine Strecke von ca. 200 m den südlichen Teil einer granitischen Intrusion, die entlang der Straße aufgeschlossen ist, sehen. Die Gesteine dieses Plutons werden unter der Bezeichnung „Karlsbader Kristallinkomplex“ zusammengefasst.
Bei einer Intrusion, oder auch Pluton genannt, handelt es sich um Magma, welches unterhalb der Erdoberfläche stecken geblieben und dort über mehrere Millionen Jahre langsam erkaltet ist. Die Intrusion des Karlsbader Kristallinkomplexes wird aufgrund ihres Chemismus als „granitisch“ bezeichnet und ihre Hauptbestandteile sind Kalifeldspat, Plagioklas, Quarz, Biotit und Muskovit.
Aufgrund der Größe des gesamten Aufschlusses kann man in verschiedenen Bereichen des Aufschlusses deutliche Unterschiede in Korngröße und Mineralzusammensetzung im Gestein erkennen (Abb. 21).
Weiterhin sind im ganzen Verlauf des Aufschlusses immer wieder subvertikale Störungen sichtbar, die Klüfte gebildet haben. In diesen Klüften sind oft Mineralisierungen zu finden, die auf hydrothermale Aktivität nach Erkaltung des Plutons hindeuten. Diese Mineralisierungen bestehen meist aus Kalziumkarbonat (CaCO3), welches heute noch bei den hydrothermalen Quellen in Karlsbad ausfällt.
Das Intrusionsalter, also die Zeit, zu der das Magma zu erkalten begann, liegt bei ca. 330–320 Millionen Jahren, was der späten Phase der variszischen Orogenese entspricht.
5.2 Kraslice
Der zweite Stopp führte uns nach Kraslice, oder im deutschen Graslitz genannt. Hier haben wir uns die Gesteine angeschaut, die im direkten Kontakt zum Karlsbader Pluton anstehen (Abb. 22).
Die dort anstehenden Sedimente wurden während des Kambriums und des Ordoviziums, vor 540–450 Millionen Jahren, als Molasse abgelagert und bilden eine siliziklastische Abfolge aus mal mehr und mal weniger ton- bzw. sandreichem Material. Ton und Sand unterscheiden sich nicht nur in der Korngröße, sondern haben auch einen unterschiedlichen Mineralbestand.
Das zeigt sich in der Metamorphose der Sedimente, da je nach Chemismus verschiedene Minerale gebildet werden und auch die Ausprägung von strukturellen Merkmalen dabei variiert. Eine genauere Analyse des Chemismus und der Strukturen in den Phylliten, die hier anstehen, sind Teil einer aktuell durchgeführten Masterarbeit. Hier wirkten vermutlich mehrere Metamorphosephasen auf die Gesteine, die herausgearbeitet werden sollen.
Bereits bekannt ist, dass die Gesteine zunächst durch die Subduktion des Saxothuringischen Ozeans metamorph überprägt wurden und im Zuge der weiteren Subduktion als eine Art Decke wieder aus dem Akkretionskeil herausgepresst wurden.
Die größten Veränderungen der Sedimente im Zuge der Subduktion fanden bei ca. 9–10 kbar und einer Temperatur von 450 °C vor ca. 340 Millionen Jahren statt. Da die Intrusion des Karlsbader Plutons etwa 320 Millionen Jahre zurückliegt, ist davon auszugehen, dass die Metasedimente dabei erneut kontaktmetamorph – vor allem durch Temperaturen des Plutons von 650 bis 700 °C – überprägt wurden.
Tag 6: Zentraler Egergraben
Der letzte Tag der Geländeübung hatte zwei Schwerpunkte im zentralen Teil des Egergrabens. Wir besuchten den Soos-Nationalpark mit den aktiven CO2-Quellen im Zusammenhang mit dem Eger-Graben. Danach fuhren wir zum Marianske lazne-Komplex (Marienbad-Komplex), um die ozeanische Suturzone zu sehen. Sie wird als die Grenze zwischen der oberen und unteren Platte interpretiert und durch das Vorhandensein von Metagabbros, Eklogiten und Peridotiten aus dem Kambrium und Ordovizium repräsentiert. Diese Gesteine wurden von der devonischen Hoch- und/oder Ultrahochdruckmetamorphose (im Zusammenhang mit der Saxothuringischen Subduktion) beeinflusst. Wir sahen nur die serpentinisierten ultramafischen Gesteine (Spinell-Peridotit und Bronzit-Harzburgit). Die meisten der umliegenden Eklogite sind stark retrograd überprägt. Dann fuhren wir weiter zur letzten Lokalität, wo wir uns eingehend mit den Karlsbader Zwillingen beschäftigten.
6.1 Geopark Soos, Wildstein Tschechien
Das erste Ziel führte in den Bayrisch-Böhmischen Geopark Soos nördlich von Eger. Dort weisen Mineralquellen und sprudelnde CO2-Quellen (sog. Mofetten) auf die anhaltende tektonische Aktivität des Gebietes hin. Die Gase werden beim Aufsteigen von Magma durch Druckentlastung freigesetzt und gelangen entlang von Klüften an die Oberfläche. Über die Zeit fallen im Austrittsbereich Minerale aus und bilden einen weißen Niederschlag (Abb. 23). Die einzelnen Quellen des Soos-Geoparks unterscheiden sich in ihrem Chemismus und ihrer Temperatur. Beide Faktoren sind von der Bildungstiefe abhängig. Die wärmsten (bis 18 °C) und mineralhaltigsten Quellen stammen aus dem Erdmantel. Der Grund für diese Annahme ist der erhöhte Helium-3-Gehalt, welcher im Erdmantel höher ist als in der Atmosphäre.
6.2 Mariánské-Lázně Komplex, Dominova skalka
Das nächste Ziel war der Aufschluss des Mariánské-Lázně Komplexes südwestlich von Karlsbad, welcher aus der sonst recht flach-hügeligen Landschaft aufragt.
Das anstehende Gestein (Abb. 24) enthält die Minerale Talk, Amphibol, Serpentin, Granat, Spinell und Bronzit sowie geringe Mengen an Magnetit. Anhand dieses Mineralbestandes und der größtenteils dunkeln Färbung der Minerale (> 90% dunkle Minerale) kann man es in die Gruppe der mafischen bis ultramafischen Gesteine einordnen. Die Minerale können einem serpentinisierten (retrograd überprägten) Spinell-Peridotit zugeordnet werden. Unter „retrograd überprägt“ versteht man, dass sich das Gestein, welches sich unter ultrahohen Drücken und hohen Temperaturen bildete, langsam abkühlt und auch der Druck abnimmt. Die ehemals gebildeten Minerale werden durch den Prozess instabil, verschwinden teilweise ganz und andere Minerale bilden sich neu; der gesamte Chemismus des Gesteins bleibt dabei gleich. Die Serpentinisierung ist ein Umwandlungsprozess von Olivinen, Pyroxenen und Amphibolen in verschiedene Minerale der Serpentingruppe bei abnehmenden P-T-Bedingungen. Die Umwandlung findet bei niedrigen Temperaturen und hohen Drücken unter Wassereinfluss statt, wie z.B. am mittelozeanischen Rücken. Anhand von Analysedaten kann abgeschätzt werden, wann die Metamorphose dieser Gesteine stattfand: So kam es vor ca. 500–480 Ma zur Serpentinisierung des Peridotits und später, um ca. 380–360 Ma, zur retrograden Überprägung des Eklogits. Damit könnte der Peridotit ein Überbleibsel der ozeanischen Kruste des Saxothuringikums sein.
6.3 Karlsbader Kristallin-Komplex, Restaurant Chodovár, Codová Planá
Das letzte Ziel der Geländeübung führte uns nach Chodová Planá am Fuße des Böhmerwaldes. Dort liegt das Restaurant Chodovar, welches in den Granitkörper geschlagen worden ist. Die Wände und Decke bestehen aus sehr gut aufgeschlossenem Granit mit großen Kalifeldspäten und sichtbaren Karlsbader Zwillingen (Abb. 25). Diese in dem Gestein vorhandenen Feldspäte bilden daher die natürliche Wanddekoration des Restaurants (Abb. 26). Bei einem abschließenden Essen konnten die Zwillinge betrachtet und die Inhalte der Geländeübung verdaut werden.
Logistik und Atmosphäre
Im Vorfeld der 6-tägigen Geländeübung in Tschechien mussten Transport, Unterkunft und Verpflegung sowie die Ausrüstung organisiert werden.
Als Transportmittel wurden der Institutsbus und das Privatauto von Prof. Dr. Lucie Tajmanova benutzt. Die Unterkunft war ein sehr schönes, für Ski-Touristen ausgelegtes Haus in dem kleinen Dorf Pernink (Abb. 27). Von hier aus erreichte man alle Aufschlüsse, die während der Geländeübung untersucht werden sollten. Ein großer Gemeinschaftsraum im Keller des Hauses war das Zentrum der meisten abendlichen Aktivitäten. Die Verpflegung organisierten wir selbst. Zwei größere Einkäufe tätigten wir in einem nahegelegenen Supermarkt und im lokalen Einkaufsladen. Das Abendessen wurde gemeinsam selbst gekocht, meist unter Anleitung von Dr. Sebastian Cionoiu und Dr. Katharina Schmidt. Frühstück und Brotzeit richtete sich jeder in Eigenverantwortung. Das Essen schmeckte immer ausgezeichnet und war eine wichtige Grundlage für die tägliche Arbeit. Auch die außerordentlichen Mengen an Käse und Knoblauch wurden am Ende vollständig verzehrt.
Zur Ausrüstung gehörten neben den obligatorischen Dingen wie Hammer, Lupe und Feldbuch auch gute Wanderschuhe, Geologenkompass und Sonnencreme. Ein mitgebrachtes Mikroskop sowie ein Set an Dünnschliffen boten am Abend zusätzlich die Möglichkeit, die Gesteine und Mineralparagenesen der jeweiligen Tagesaufschlüsse zu studieren und diskutieren.
Nun gehören zu einer erfolgreichen Geländeübung nicht nur das Fachliche und viele gute Aufschlüsse und gewonnene Erkenntnisse, sondern auch das "Drumherum" muss stimmen.
Insbesondere im gemütlichen Keller wurde gemeinsam gegessen und anschließend noch einige abendliche Stunden verbracht. So wurde bei diversen Kartenspielen, Dart, intensiven Air-Hockey Duellen und Tisch-Boulder Versuchen viel gespaßt und gelacht. Zudem wurden täglich neue Dünnschliffe zu den zuvor behandelten Aufschlüssen und Gesteinen ausgelegt, und auch dieses Angebot wurde rege genutzt. Am Tag vor der Abreise kamen wir ein wenig früher zurück zum Haus und konnten gemeinsam den Luxus des Pools genießen, der für Geländeübungen eher außergewöhnlich ist. Alternativ konnten die wirklich Mutigen auch in der Früh gemeinsam mit der Professorin schon ein paar kurze Bahnen schwimmen.
Wie bei allen Geländeübungen verbrachten wir sehr viel und sehr intensive Zeit mit der Gruppe. Dabei lernte man neben den geologischen Schwerpunkten auch die Kommilitonen und Dozenten sehr gut kennen. Diese Kombination ist von großem Wert, weswegen die Geländeübungen immer wieder ein Highlight im Studium der Geowissenschaften sind.
Fazit:
Die Geländeübung ins Erzgebirge hielt, was sie versprach, und gab uns, den Studierenden der Vertiefung Mineralogie, einen sehr guten Einblick in die Entstehung metamorpher Gesteine. Nach einer ersten theoretischen Einführung über Subduktion und Orogenese ergab sich nach einiger Zeit, insbesondere bei der Entstehung der metamorphen Gesteine, ein sehr vollständiges Bild für uns Studierende. So waren viele wichtige Metamorphite gut zu sehen. Zudem verstand es Prof. Tajcmanova, immer wieder den Bezug zum allgemeinen Kontext herzustellen und erzielte damit ein sehr gutes Verständnis bei uns Studierenden. Weiterhin lernten wir einiges über Strukturgeologie im Gelände und sahen neben plutonischen und vulkanischen Gesteinen auch einige interessante, geologische und regionale Besonderheiten.