Donnerstag, 28.11.2024
17:15 | Prof. Dr. Kim Ryholt (University of Copenhagen) |
„Die Fächer sollen voneinander profitieren“
Dank der erfolgreichen Systemakkreditierung kann die Universität Heidelberg die Qualität ihrer über 160 Studiengänge von nun an eigenverantwortlich sichern und fortentwickeln. 2003 hatten die Bundesländer eine verpflichtende Akkreditierung für die Bachelor- und Masterstudiengänge beschlossen, um zu gewährleisten, dass alle Studiengänge bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, etwa beim Konzept, der Studierbarkeit, den Prüfungen und der Ausstattung. Statt jeden Studiengang in der sogenannten Programmakkreditierung einzeln von damit beauftragten externen Agenturen begutachten zu lassen, können die Hochschulen auch ein eigenes Qualitätsmanagement aufbauen – wie es die Ruperto Carola tat. Über die Systemakkreditierung unterhielt sich Oliver Fink mit der Leitung des „heiQUALITY“-Center, mit Prof. Dr. Óscar Loureda, Prorektor für Qualitätsentwicklung der Universität Heidelberg, und mit Dr. Sonja Kiko für den Bereich „Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre“ sowie mit Dr. Verena Schultz-Coulon (Foto: Benjamin), Leiterin des Dezernats Studium und Lehre.
Was bedeutet die Systemakkreditierung für die Universität Heidelberg und was ist damit gewonnen?
Die Suche nach der zweiten Erde steht erst am Anfang
Von Mirjam Mohr
Die Sonne ist ein ganz normaler Stern, wie es etwa 100 Milliarden in unserer Milchstraße gibt. Und sie wird von Planeten umkreist: Merkur, Venus, Erde und Mars sind die inneren vier „Gesteinsplaneten“, weiter draußen drehen die „Gasriesen“ Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun ihre Bahnen. Noch vor 20 Jahren wusste niemand, ob Planeten um Sterne die große Ausnahme bilden, ob wir mit unserem Sonnensystem gar etwas Einmaliges sind – oder ob Planeten den Normalfall darstellen. 1995 wurde dann zum ersten Mal ein Planet um einen sonnenähnlichen Stern entdeckt: 51 Pegasi b. Diese Entdeckung zweier Schweizer Wissenschaftler eröffnete ein völlig neues Forschungsgebiet, das sich seither zu einem der interessantesten und am schnellsten wachsenden in der Astronomie entwickelt hat: extrasolare Planeten oder kurz Exoplaneten. Auch an der Ruperto Carola beteiligen sich Wissenschaftler an der Suche nach einer zweiten Erde.
„Warum war und ist es so schwierig, Planeten um andere Sterne zu entdecken? Das liegt daran, dass sie einerseits sehr weit entfernt sind, nämlich mindestens 100 000 Mal weiter als Jupiter, dass sie sehr viel schwächer leuchten als ihre Muttersterne – etwa eine Milliarde Mal – und dass sie zudem von uns aus gesehen ganz nah bei ihren Sonnen stehen“, erklärt Prof. Dr. Joachim Wambsganß (Foto: Friederike Elias), Direktor des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH).
Als würde man im Trüben fischen
Von Ute von Figura
Zellmembranen bestehen aus unzähligen verschiedenen Protein- und Lipid-Molekülen, die für eine reibungslose Kommunikation der Zelle mit ihrer Umgebung sorgen. Während die Funktion der einzelnen Proteine recht gut erforscht ist, weiß man bislang nicht, warum es bis zu 300 unterschiedliche Lipid-Spezies in einer Zellmembran gibt. Welche Aufgaben erfüllen die diversen Lipide, deren Aufbau zum Teil nur um einige wenige Kohlenstoffatome variiert? Die Heidelberger Biochemikerin Britta Brügger (Foto: Fink) hat herausgefunden, dass Membranlipide weitaus vielschichtiger wirken als bislang angenommen.
Lipide wurden lange Jahre von der Forschung stiefmütterlich behandelt. Es fehlte schlichtweg an Methoden, um sie näher zu untersuchen. Aus Mangel an Einsicht in die Wirkweise der wasserabweisenden Kohlenstoffketten ging man davon aus, dass Membranlipide lediglich als Strukturgeber dienten: Nebeneinander aufgereiht bilden sie eine Doppellipidschicht, ein „öliges Meer“, das die Zelle von der Außenwelt abgrenzt. Diese Auffassung ist inzwischen überholt. Lipide werden zunehmend als wichtige Modulatoren zellulärer Prozesse erkannt. Wesentlich zu dieser Erkenntnis beigetragen hat Britta Brügger.
Klimarelevanter Flaschenhals
Mit 20 000 Litern Meerwasser sind Wissenschaftler der Universität Heidelberg in einem Experiment gemeinsam mit Experten weiterer Forschungseinrichtungen der Frage nachgegangen, inwieweit natürliche, biologisch produzierte Oberflächenfilme den Austausch von Wärme, Gasen und flüchtigen Stoffen zwischen der Atmosphäre und den Weltmeeren beeinflussen. Ziel ist es, diese für das Klima und die Umwelt relevanten Effekte zu quantifizieren. Zudem wollen die Forscher herausfinden, in welchem Ausmaß sich organische Substanzen, die sich an der Wasseroberfläche anreichern, in der Luft als Schwebeteilchen wiederfinden lassen. Diese sogenannten Aerosole werden durch brechende Wellen und an der Wasseroberfläche platzende Blasen erzeugt.
Die Untersuchungen, die in dieser Form bislang einmalig sind, wurden im Heidelberger Aeolotron realisiert, dem großen ringförmigen Wind-Wellen-Kanal des Instituts für Umweltphysik (Foto: Dr. Kerstin Krall). Sie sind eingebunden in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt „Surface Ocean Processes in the Anthropocene“ (SOPRAN).
Kein kosmischer Doppelschlag
Die beiden fast kreisrunden Clearwater-Kraterseen im kanadischen Québec zählen zu den ungewöhnlichsten geologischen Strukturen auf der Erde. Und sie sind nicht, wie lange Zeit angenommen, im Zuge eines Doppel-Einschlags von zwei durch Gravitation aneinander gebundene Asteroiden entstanden. Tatsächlich ist der östliche Krater mit seiner Entstehung vor 470 bis 460 Millionen Jahren erheblich älter als sein westliches Pendant, dessen Alter 286 Millionen Jahre beträgt. Das hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern der Universität Heidelberg herausgefunden.
Die östlich der Hudson Bay gelegenen Krater weisen einen Durchmesser von rund 26 und 36 Kilometern auf. „Aufgrund ihrer auffälligen Erscheinung als wassergefülltes ‚Kraterpaar‘, das insbesondere im Satellitenbild sichtbar wird (Foto: Landsat/U.S. Geological Survey), galten sie bislang als Paradebeispiel eines Doppelkratersystems, dessen Alter auf 290 Millionen Jahre datiert wurde“, erläutert Prof. Dr. Mario Trieloff vom Institut für Geowissenschaften der Ruperto Carola. Nach Angaben des Wissenschaftlers hält sich seit den 1960er-Jahren die Theorie, dass beide Krater zum gleichen Zeitpunkt im Zuge eines doppelten Einschlags von zwei durch Gravitationsbindung gekoppelten Asteroiden entstanden seien.
Zwischen den Aktendeckeln steckt die Dokumentation eines Verbrechens
Von Tina Schäfer
Aufnahmebögen, Diagnosehefte, Gutachten, Korrespondenz, Baupläne, Verwaltungsakten, Nachlässe – Zehntausende von Unterlagen aus der Geschichte der Psychiatrischen Universitätsklinik lagern in Schränken im Dachgeschoss des Gebäudes. Sie bilden das Historische Archiv der Institution.
Ein Teil der Personaldokumente aus der Gründungszeit der „Großherzoglich Badischen Universitäts-Irrenklinik“ ab 1878 ist ebenso archiviert wie Akten aus beiden Weltkriegen (Foto: Robert Ajtai), als das Gebäude der Psychiatrie als Lazarett genutzt wurde. Zu den bedrückenden Zeugnissen aus der NS-Zeit gehören Forschungsunterlagen zur sogenannten Kinder-Euthanasie. Zahlreiche Gutachten, etwa zur Schuldfähigkeit von Angeklagten in Strafprozessen oder Beurteilungen zur Entschädigung von Verfolgten des Nationalsozialismus, aus den 1950er- und 1960er-Jahren sind ebenfalls Teil des Archivs. Auch Aufnahmekarten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden aufbewahrt. Der Bestand umfasst ferner Akten aus dem Sanatorium Neckargemünd, wo um 1900 viele jüdische Bürger behandelt wurden – „Dokumente einer verschwundenen Welt“, so Dr. Maike Rotzoll, die das Archiv betreut.