Sprechen – Essen – Identität: Selbstvergewisserung und kulturelle Transformation in kubanischer Literatur der Gegenwart
Das Leben in der kubanisch-amerikanischen Diaspora wird durch den mehr als 50 Jahre andauernden Konflikt zwischen Kuba und den USA geprägt. Geographische Nähe wie politisch-ökonomische Distanz zwischen den beiden Staaten bewegen Kubanerinnen und Kubaner auf unterschiedlichsten Wahrnehmungs- und Handlungsebenen. Für diese Beobachtung ist sowohl die reale Bewegung der Menschen als auch ihre innere Unruhe zu berücksichtigen; beides wird durch Nähe und Distanz zu den jeweiligen Phänomenen ausgelöst. Migrationswellen, die der Revolution von 1959 folgten, führten zur Konstruktion vielgestaltiger Identitäten in der kubanischen Diaspora. Auslösende Faktoren für die Unterschiedlichkeit dieser Identitäten sind – neben persönlichen Umständen –in den jeweiligen Bedingungen zu identifizieren, die zur Migration führten, in der Migrationserfahrung selbst oder auch in mannigfachen Generationskonflikten – prägend für Familien, deren Lebensmittelpunkt seit Jahrzehnten außerhalb Kubas liegt.
Ziel dieser Arbeit ist es, verschiedenste Varianten der Identitätskonstruktion anhand autobiographischer Texte herauszuarbeiten. Dabei liegt der Fokus auf spezifischen Konstruktions-Elementen, die im Formationsprozess des Selbst eine Rolle spielen. Identität wird in Aushandlungsprozessen mit sich ebenso wie im Dialog mit anderen gestaltet. Aus diesem Grund ist Kommunikation (im engen und im weiteren Sinne) ein bedeutendes Instrument zur Generierung und Pflege von belastbarer Identität. Das naheliegendste Mittel für diese kommunikativen Prozesse stellen Sprache und Sprechen dar – in mündlicher wie in schriftlicher Form.
Neben Sprache und Sprechen sind jedoch weitere soziale Kommunikationsformen, wie beispielsweise kulinarische Praktiken, von wissenschaftlichem Interesse: Schon Roland Barthes konstatierte, Essen als konsumierbarer Gegenstand wie als Interaktionsprozess ließe sich ebenfalls als Kommunikationssystem analysieren. Im Kontext von Migration und Diaspora, verstärkt durch ein wiederkehrendes Gefühl von Fremde, Heimweh und Nostalgie, spielen sowohl Sprache als auch Essen eine herausragende Rolle, sind wichtige identitätsstiftende Kommunikationsmedien. Das Sprechen wie das regelmäßige Essen stellen Alltags-Handlungen dar, die das Überleben sichern – im sozialen wie in materiellem Sinne.
Beide Identität konstituierende wie reproduzierende Elemente werden auffallend häufig in zeitgenössischen Autobiographien der kubanisch-amerikanischen Diaspora mehr oder minder ausführlich thematisiert. Die entstehende Arbeit geht über die Analyse ausgewählter Autobiographien der Frage nach, welche Bedeutung von den jeweiligen Autoren im Detail den Kommunikationssystemen „Sprechen/Sprache“ bzw. „Essen“ für Identitätsbildungs- und -veränderungsprozesse von Kubanerinnen und Kubanern in den USA beigemessen wird.
Zur Person
Ana-Sofia Uhl, geb. Commichau (assoziiertes Mitglied)
Universität Heidelberg
Transcultural Studies Marstallstr.6
69117 Heidelberg
a.commichau[at]stud.uni-heidelberg.de
Vita
Dezember 2015
Abschluss des Dissertationsprojektes "Sprache - Essen - Identität: Selbstvergewisserung
und kulturelle Transformation in U.S.-kubanischer Literatur der Gegenwart"
Seit Juli 2014
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Dekanat der Philosophischen Fakultät Universität
Mannheim, Bereich Internationale Angelegenheiten
März 2013
Forschungsaufenthalt im Cuban Research Institute der Florida International University in Miami, Florida. Gefördert durch ein DAAD Kurzzeitstipendium für Doktoranden
Seit April 2011
Doktorandin und assoziiertes Mitglied der Transcultural Studies Nachwuchsforschungsgruppe Karibik – Nordamerika und zurück. Transkulturationsprozesse in Literatur, Populärkultur und Neuen Medien an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Seit Juni 2011
Geprüfte wissenschaftliche Hilfskraft der Transcultural Studies Nachwuchsforschungsgruppe Karibik – Nordamerika und zurück.
Oktober 2011 bis Dezember 2011
Forschungsaufenthalt in Pinar del Rio, Camagüey und Havanna, Kuba
Oktober 2011 bis Dezember 2011
DAAD Kurzzeitstipendium für Doktoranden zur Förderung eines Forschungsaufenthalts in Kuba
Februar 2011
Magistra Artium in Hispanistik und Anglistik/Amerikanistik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Magisterarbeit: Kubanische Literatur der 1990er Jahre: Perspektiven der „dos orillas“
Oktober 2008 bis Oktober 2009
Studentische Hilfskraft am Romanischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
September 2007 bis April 2008
Auslandssemester an der Universidad Complutense de Madrid im Rahmen eines Erasmusstipendiums
April 2005 bis Februar 2011
Magisterstudiengang Anglistik / Amerikanistik und Hispanistik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
März 2005
Abitur, Integrierte Gesamtschule Rockenhausen
Publikationen:
Beushausen, Wiebke; Brüske, Anne; Commichau, Ana-Sofia; Helber, Patrick; Kloß, Sinah (Eds.) (2014): Caribbean Food Cultures. Culinary Practices and Consumption in the Caribbean and its Diasporas. Transcript: Bielefeld
Calvo Peña, Beatriz (ed.): Buena Vista Social Blog. Internet y Libertad de Expresión en Cuba, in: Iberoamericana 47 (2012) (Review)
Veranstaltungen:
07/2014:
Organisation und Konzeption des Interdisziplinären Weblog-Workshops „Under Construction. Analyzing Postcolonial Weblogs with Literary and Computational Methods“, in Kooperation mit der Heidelberg Graduate School of Mathematical and Computational Methods for the Sciences
07/2013:
Organisation und Konzeption der öffentlichen Vorträge zur Karibik von Dr. Julia Roth (Bielefeld) und Jeanette Ehrmann (Frankfurt), Romanisches Seminar Heidelberg
09/2012:
Mitorganisation und -konzeption der internationalen Konferenz „Caribbean Food Cultures: Representations and Performances of Eating, Drinking and Consumption in the Caribbean and Its Diasporas“, unter der Leitung von Dr. Anne Brüske, Transkulturelle Studien Heidelberg
03/2012:
Mitorganisation der internationalen Konferenz „’Wid mi riddim, wid mi rime’: Cultural Flows in Caribbean and South Asian Diasporic Poetry and Performance” unter der Leitung von Dr. Anne Brüske (Transkulturelle Studien) und Dr. Caroline Lusin (Anglistisches Seminar) Heidelberg
Wissenschaftliche Vorträge:
05/2014:
„‘Miami, my cozy, green exilic cocoon‘ – The Representation of the Urban in Cuban Literature“ im Rahmen der 39th annual Conference der Caribbean Studies Association in Mérida, Mexiko.
06/2013:
„Kubanische Identitätskonstruktionen – Online und Offline” im Rahmen des Forschungskolloquiums von Frau Prof. Dr. Anja Bandau, Romanisches Seminar Hannover
03/2013:
„Constructions of Cuban-American Identity Online and Offline” im Rahmen der 3rd International Graduate Student Research Conference on Latin America and the Caribbean” in Toronto, Kanada
06/2012:
„Notions of Cuban and Cuban-American Identity in New Media“ im Rahmen der 8th Biennal MESEA Conference „Media and Mediated Ethnicity“ in Barcelona, Spanien
01/2012:
„Desde las dos orillas: Kubanische und Kubanisch-Amerikanische Identität in Literatur und Neuen Medien“ im Rahmen des Interdisziplinären Doktorandinnenkolloquiums (IDK), Heidelberg
11/2011:
„El gran apagón: Die aktuelle Kontroverse um den kubanischen Künstler Pedro Pablo Oliva“ Gastvortrag im Rahmen des Seminars „Lernen in und an soziokulturellen Projekten“, Fachbereich Sozialwesen Hochschule RheinMain in Wiesbaden