Prinzip 'Personifikation'
Kaum ein bildgebendes Verfahren war in der Frühen Neuzeit erfolgreicher als die Personifikation. Allegorische Deutungszusammenhänge, die sich großenteils aus diesen Verkörperungen zusammensetzten, beherrschten die Künste – wobei nicht selten die umfangreichen und immer komplexeren Bildprogramme für den Betrachterblick ambivalent zu oszillieren begannen. Zeigte sich bereits im ausgehenden Mittelalter ein neues Interesse an dieser zentralen Kulturtechnik, so erhielt das Prinzip ‚Personifikation’ einen weiteren Impuls aus der ‚Wiederentdeckung’ und Verbindung mit mythologischen Elementen seit dem späten 14. und 15. Jahrhundert. In ganz Europa feierte man die Wiederkehr der antiken Götter, die nun, aus ihren Zusammenhängen herausgelöst, für den zeitgenössischen Betrachter vorrangig abstrakte Eigenschaften und Prinzipien verkörperten. Die Diskrepanz zwischen der ‚körperlosen Projektion’ des Mittelalters und den körperhaften Götterfiguren, die die Renaissance für ihre Zwecke neu entdeckte, beschrieb bereits Walter Benjamin – und nicht zuletzt aus diesem Spannungsverhältnis scheint sich der Erfolg dieser neuen Darstellungsform zu erklären. Das Ziel der Nachwuchsgruppe ist es, aus verschiedenen disziplinären Blickwinkeln die Formen und Funktionen dieser zentralen Kulturtechnik in der entscheidenden Frühphase vom ausgehenden Mittelalter bis ins 18 Jh. aufzuzeigen, die als grundlegend für die Rekonstruktion des neuzeitlichen Bildverständnisses gelten muß.
I. Prinzip ‚Personifikation’. Visuelle Intelligenz und epistemische Tradition, 1300 – 1800
Dr. Cornelia Logemann, Nachwuchsgruppenleiterin
II. Unsittliche Frauen – Konzepte von Weiblichkeit in der Druckgraphik der Frühen Neuzeit
Nicole Sobriel M.A., Wissenschaftliche Mitarbeiterin
III. Quellen zur außereuropäischen Kunst in der Frühen Neuzeit
Susanne Thürigen M. A., Projektmitarbeiterin
IV. Erdteilallegorien und 'Bananenmädchen' - Zu Repräsentationen des 'Exotischen' am menschlichen Körper
Miriam Oesterreich M.A., (assoziiertes Mitglied)
V. Personifikation, Poetik und Geschlecht
Julia Rüthemann M.A., (assoziiertes Mitglied)
VI. Dämonen, Trickster und orixás: Koloniale und post-koloniale Mythopoeisis im brasilianischen Theater. Afrobrasilianische und indigene mythische Personifikationen und Allegorien
Dania Schüürmann M.A., Wissenschaftliche Mitarbeiterin
VII. Allegorische Verkörperungen politischer Ordnung in Großbritannien und im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation
Michael Mohr, Wissenschaftlicher Mitarbeiter